Nada Surf – The Stars Are Indifferent To Astronomy
‚The Stars Are Indifferent To Astronomy‚ orientiert sich an der Tourband Nada Surf: Die Gitarren hetzen aggressiver, das Schlagzeug darf mit Schmackes poltern und das Gaspedal ist nicht Zierde. Zum 20er gibts das sportlichste Werk der Band seit langem – ein klassisches Nada Surf-Album trotz allem.
Matthew Caws versprach ein Album, das die logelöste Spielwut der Liveauftritte seiner Band besser einfangen sollte; wo Riffs sich verselbstständigen und mit dem Schlagzeug im gesunden Rahmen um die kürzeste Zeit bis zum Zieleinritt wetteifern. Tatsächlich hält ‚The Stars Are Indifferent To Astronomy‚ dieses Versprechen zu weiten Teilen – ohne außer Augen zu verlieren, wofür unzählige Indierockfans weltweit dem charmant unaufregenden Songjuwelen von Nada Surf seit jeher verfallen sind. Experimente bleiben die Ausnahme, wie aufgeweckter Poprock der melodiösesten Sorte wohl immer die Regel dieser Band bleiben wird. Das Tempo über 38 Minuten dezent höher eingestellt als auf den Vorgängeralben, brettert auch das siebte Studioalbum der Band direkt neben den restlichen Output der New Yorker. Wie wunderbar Konsequenz sein kann.
Die transportierte Spielfreude von Caws, Elliott und Lorca ist dabei exponential zur gesteigerten Grundgeschwindigkeit gestiegen. ‚The Stars Are Indifferent To Astronomy‘ ist – natürlich – kein neus ‚Let Go‚ geworden, hat aber all die wunderbaren Nada Surf Trademarks in peto: Die unverwechselbaren Melodien, die Uneingeweihte gerne als banale Nettigkeiten abtun, die sich aber doch wieder resistent gegen jegliche Abnutzung erweisen. Dazu markante Ritte über Sätze wie „Sometimes I ask the wrong questions/
but I get the right answers„, die Caws passend zum von dessen Vater entlehnten Albumtitel weiterhin bescheiden werden, einer der letzten Philosophen im Indieland zu sein. Was zwangsläufig nicht stimmen muß, doch trifft Caws auch diesmal wieder dutzendfach mit seinen Texten ins melancholische Ohr und wärmt streunende Herzen. Der Rhytmus bleibt packender Erfüllungsgehilfe und wichtigster Sidekick. Den Rest erledigen die unzähligen feinen Kleinigkeiten – wie das glückselige Glockenspiel in ‚Jules and Jim‚; die schüchternen Synthies die ‚The Moon is Calling‚; wenn Caws artig die Trompete in ‚Let the Fight Do the Fighting‚ ausspielen lässt, ehe er den letzten Refrain in Angriff nimmt; die Streicher hinter ‚When I Was Young‚; etc., etc.
Dass die wahre Stärke dieser Band eigentlich immer abseits der Upbeat Nummern lag, darüber lässt ‚The Stars Are Indifferent To Astronomy‚ in seiner Kompaktheit kaum Gedanken aufkommen. Weil Nada Surf für jede auf Nummer Sicher gehende Sekunde das doppelte Maß an Erwartungen erfüllender Momente eingepackt haben – man kann in beiden Fällen auch einfach sagen: Stärken punktgenau bedienen. Da bratzt der Opener ‚Clear Eye Clouded Mind‚ nicht nur Dank Studiogittarist Doug Gillard (Guided by Voices) heftig wie lange nichts mehr durch den Nada Surf Kosmos ohne zu verstören, während Ruhepole wie ‚When I Was Young‚ die Ausnahme auf ‚The Stars Are Indifferent to Astronomy‚ und das markante Salz in der Suppe sind, sich majestätisch genügsam zum pompöse Poprock aufschwingen. Und mit ‚Waiting for Something‚ oder dem stampfenden ‚Teenage Dreams‚ haben sie dazu auch wieder die potentiellen Überhits geschrieben, die sich im Formatradio auf Jahre hinweg festsetzen werden.
Nada Surf wirbeln die simplen Strukturen ihres unwerfenden Gitarren-Pop auf- aber nicht durcheinander. Poltern für ihre Verhältnisse, ohne forsch zu werden oder den Rahmen zu verlassen. ‚The Stars Are Different to Astronomy‚ marschiert gleichförmig jegliche Umwege auslassend zum Ziel. Eintönig wird das niemals. Die Highlights wechseln wie die potentiellen Durchhänger. Dass die Platte gegen Ende leicht an Stringenz nachlässt, dieser Eindruck revidiert sich gegebenenfalls ebenfalls mit jedem Durchgang. Ob der prompte Schluß mit ‚The Future‚ perfekt oder zu apprupt ist, beantwortet jeder neue Lauf für sich selbst. “The Stars Are Different to Astronomy“ lässt hinter seinem dichten Sound genug Platz für Entdeckungsreisen, die auf Jahre fesseln können. Nada Surf bieten gleichermaßen Liebe auf den ersten Blick wie das langsame Fassen von Zuneigung. Dass “The Stars Are Different to Astronomy“ großartig geworden ist, verwundert nicht. Dass nur die Zeit zeigen kann, wie großartig, eigentlich auch nicht. Weil Nada Surf wieder so ein Album geschrieben haben, dass mit seinem Hörer wachsen kann.
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