Mystery Jets – A Billion Heartbeats

von am 13. April 2020 in Album

Mystery Jets – A Billion Heartbeats

Politisch motiviert gerät auch A Billion Heartbeats, das sechste Album der Mystery Jets, trotz seines zwischenmenschlichen Sendungsbewusstseins nur zu einem routinierten Stück Indie-Pop/Rock von der Insel.

Dass Blaine Harrison den ursprünglich angedachten Release der Platte Ende 2019 gesundheitsbedingt verschieben musste, schlug vor einigen Monaten kaum Wellen. Zu sehr waren die Mystery Jets trotz zweier an sich durchaus (sehr) netter Einstiegswerke eben immer schon in der hinteren Reihe der 2000er-Indiebands verwurzelt. Außerdem konnte, bei aller Sympathie, kein Album seit dem auch schon zwölf Jahre alten Twenty Two konnte (zumindest außerhalb Großbritanniens) tatsächlich nachhaltig reüssieren.
Die seit September 2019 zum Trost eingeschobenen (und das nun folgende Gesamtwerk eigentlich obsolet machenden) beiden EPs Petty Drone und (Achtung, Verwechslungsgefahr!) A Billion Heartbeats änderten an diesem Status Quo wenig, etablierten aber zumindest die Erwartungshaltung auf ein ungewöhnlich sozialkritisch befeuertes Werk der Briten -die das nun nachgereichte reguläre Studioalbum auch tatsächlich erfüllt, nichtsdestotrotz aber primär wohl für loyale Anhänger der mittlerweile in London beheimateten Nischen-Zuverlässigkeit interessant bleiben lässt.

Screwdriver zelebriert seine cheesy Texte („Fight them with love!/ ‚Cause when the power of love/ Overcomes the love of power/ Then the world will be ours/ …/ Say you got God on your side/ But you’re just why Jesus cried“) und schaltet dafür zwischen einer angenehm ruhigen Strophe und dem bemüht rockigem das Riff auspackenden Chorus umher, auch History Has Its Eyes on You nutzt eine unangenehme Vorschlaghammer-Nostalgie, um die Schnittmenge aus Momentum und Vergänglichkeit mit zahlreichen Schlagwörtern trotz schöner Botschaft möglichst plakativ anzugehen: „And if the haters kill your vibe/ Just smile and blow a kiss/ …/ Be who you needed/ When you were younger/ …/ Teach your daughters how to climb/ And show your sons how to commit/ To chase those shivers down their spines/ Be kind and never quit“. Campfire Song wird später einen dezenten Funk praktizieren, neben den Texten aber auch vor Klischees wie einem Chor oder Classic-Soli nicht zurückschrecken. Weswegen Harrison nunmehr einmal mehr als einer der unterschätztesten Lyriker seiner Zunft hochgelobt wird, bleibt dann ein Geheimnis der Insel.

Offenbar trifft er dort aber auch einen Nerv der Zeit, ohne Kalkül zu erzeugen. Dafür bleibt das Ergebnis auch zu ambivalent. So fein sich Petty Drone etwa psychedelisch in den Spacerock gehen lässt, so sehr will im Titelsong der Funke trotz eines zackigen Schlagzeugspiels nicht überspringen. Endless City möchte kontemplativ auftreten, wirkt aber eher unausgegoren und orientierungslos – das Epische in der Stille bleibt eher belanglos.
Hospital Radio ist so lange unaufgeregt-solider, auch ein wenig belangloser Indie Pop, bis die Mystery Jets es sich nicht verkneifen können, hinten raus legere Spannungen für fie Stadiongesten aufzubauen. Und der locker-leichte Ohrenbalsam des unaufgeregten Cenotaph verliert sich im Refrain durchaus frustrierend in einem enervierend-mäandernden Singalong, den auch die wunderbar verträumt abtauchenden Texturen der Bridge nicht wieder vollends aufrichten können. Watching Yourself Slowly Disappear sinniert mit aufrüttelnden Twist in der kontemplativen Dynamik, hätte sich wie alles hier aber auch mit weniger Raum entfalten können, und Wrong Side Of The Tracks bedient sich an zahlreichen Schablonen aus dem Baukasten für archetypische Hymnen – wie alles hier bleibt allerdings kaum etwas von a Billion Heartbeats hängen, plätschern all die Melodien zu beliebig nebenher und festigen diese zehn rundum okayen Songs mit dem Herz am rechten Fleck letztendlich vor allem die Souveränität der Band in der zweiten Reihe.

Print article

1 Trackback

  • Mystery Jets - Home Protests - HeavyPop.at - […] Mystery Jets schicken ihrem aktuellen Studioalbum A Billion Heartbeats aus der Heimquarantäne Home Protests hintennach: Neun unspektakulär gut gelungene…

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen