Mournful Congregation – The Incubus of Karma
Nur fünf Alben haben Mournful Congregation über das vergangene Vierteljahrhundert hinweg verteilt veröffentlicht, alleine sieben Jahre sind seit The Book of Kings vergangen. Wo der Faktor Zeit im Kosmos der Band aber ohnedies relativ wird, zelebrieren die szenedefinierenden Australier die überwältigende Schönheit des Funeral Doom auf The Incubus Of Karma nun umso auslaugender, vielleicht sogar erhabener denn je.
Ein zwangsläufig in die Auslage gestelltes Merkmal des 2017er Meisterwerks Mirror Reaper ist, dass Bell Witch ihr drittes Studioalbum über seine gesamte Spielzeit als einen einzigen, überlangen Songmonolithen inszenierten. Ein derartiger Kunstgriff hätte sich auch im Falle von The Incubus Of Karma durchaus angeboten: Über den Verlauf von sechs homogenen Stücken ist die Rückkehr der Doom-Instanz Mournful Congregation schließlich ebenso unheimlich kohärent geraten und stilistisch derartig nahtlos in sich geschlossen, dass die erschlagenden 80 Minuten sogar immer wieder bewusst bis an die Grenze einer gleichförmig wirken könnenden Monotonie treiben und dabei sogar die eine oder andere Länge gerne in Kauf nehmen.
Es bedarf eben des nötigen Raumes, um mit hingebungsvoller Ausführlichkeit einen vereinnahmenden Klangkosmos zu schaffen, der mit bisweilen majestätischer Hymnik in den Himmel wächst; in dessen so weiten und so bedächtig entschleunigtem Panorama man sich assoziativ verlieren kann: The Incubus Of Karma ist ein atmendes Geflecht aus unsterblich anmutigen Melodien und Harmonien, das seine Gitarren beschwörend strahlen lässt und die zählflüssige Dynamik der Rhythmussektion zur monolithisch Walze macht.
Das evoziert einen abgründigen Wohlklang und regelrecht schöngeistige Heavyness, die keine offensichtliche Härte oder Aggression meint, selbst wenn die tektonisch growlenden Vocals schmutzig hallend, kraftvoll schreiend in die Songs kriechen, wie bedrohliche Schatten ,und die die Dunkelheit von The Incubus Of Karma sich eher als spirituelle, denn als physische Präsenz auslegt.
Weil Epigonen wie Loss oder Pallbearer die von Mournful Congregation entscheidend mitgeprägte Genre-Trademarks während der Abwesenheit der Australier in kompakter Form nahe der der Perfektion zu optimieren begannen, weicht The Incubus Of Karma deren Extreme auf. Wo etwa ein Horizonless (2017) eine geradezu niederschmetternde Depression hofiert, laben sich Mournful Congregation in einer elegisch-schwelgenden, bedrückend-sinnierenden Melancholie, lassen Verzweiflung in Wehmut münden; wo ein Heartless (2017) immer wieder überragende Gipfel der Grandezza erklimmt, erzeugt The Incubus Of Karma seine Schönheit dagegen mit weniger explizit herausragenden Höhepunkten aus der Masse.
Überhaupt setzt das Quartett die Facetten im Songwriting mit (wohl letztendlich dennoch etwa zu) flach gehaltenen Spannungsbögen um, zieht die Intensität der Amplituden subversiv in die Breite gehend und lässt erst nach und nach markante Nuancen aus dem großen Ganzen hervorstechen.
Das eröffnende The Indwelling Ascent kommt mit seinen gerade einmal drei Minuten in Relation zu den restlichen Monstrositäten einem kompakten Intro gleich, schürft aus der dystopischen Düsternis aber bereits eine gedankenvoll streifende Anmut und ist damit wie der Richtung halbakustischer (Master of Puppets)-Metallica-Intermezzi wehende Extase-Titelsong, der zweite vergleichsweise knapp gehaltene Instrumentaltrack, vor allem ein zurückgenommener angelegtes Atemholen.
Whispering Spiritscapes lässt dissonante Muster ineinanderebben und leuchtet die Schwärze mit einer mystisch rezitierenden Sinnsuche aus, schiebt die Riffs mit einer beinahe dem Zeitlupe anheim fallenden Stoizismus und röchelt doch vor allem mit epischer Classic-Heroik in den Weltraum, die in der okkulten Gottesdienstansage endet. The Rubaiyat übernimmt dort in einem Meer aus Keyboardflächen und Synthie-Streichern, ein regelrecht klerikale Beschwörung mit cineastischer Optik und ambienter Score-Färbung und entwickelt sich zu einer mäandernden Reise ohne zwingenden Climax, aber einer herrschaftlichen Muße und tapezierenden Gitarrenfinalzügen, die pure stellare Epiphanie verheißen. Scripture Of Exaltation And Punishment rührt seinen dichten Hexensabbath als Höllenschlund am ausgebremsten Caverncore mit subversiv angetäuschtem optimistischen Licht am Ende des endlosen Tunnels an, ein schleppender Batzen an tranceartig anziehendem Gift, bevor sich A Picture Of The Devouring Gloom Devouring The Spheres Of Being über 22 Minuten und über den Horizont blickende Soli ausdehnt, trotz überschaubarer Dynamik einen ständig mutierenden Wechselbalg darstellt, der sich mit emotionaler Tiefenwirkung immer eindringlicher als Manifest der Trauer auslotet und zum Ende einen versöhnlich gezupften Appendix pflegt.
All diese Szenen bewegen das Spektrum jedoch nur minimal. The Incubus Of Karma schichtet seine Texturen nachdenklich und türmt seine Riffkaskaden mit klassischer Prinzipientreue, rückt höchstens die Arbeit der beiden Leadgitarren um das Quäntchen weiter in den Fokus, als es die bisherigen Alben der Band nicht bereits taten, vermisst klangtechnisch eine geordnetere und sauberer produzierte Distanz, in der Mastermind Damon Good sowie sein kongenialer Saitenkumpane Justin Hartwig mit progressiver Detailgenauigkeit arbeiten. Ein lebendiges Netz aus in- und miteinander verzahnten Saitenfiguren ist die Essenz der Platte, doch sind es primär die dabei erzeugte Stimmung und Atmosphäre, die die nachhaltigen Eindrücke der Reise hinter The Incubus Of Karma formen.
Das majestätische Gewicht dieser malerischen Schwere ist es dann auch, dass die Vormachtstellungen von Mournful Congregation neben nahverwandten Institutionen wie Evoken oder Esoteric eindrucksvoll festigt und The Incubus Of Karma dabei vielleicht nicht an die Bedeutung hauseigener Klassiker wie [amazon_link id=“B009682E6K“ target=“_blank“ ]Monad of Creation[/amazon_link] heranreichen lässt, ihnen qualitativ jedoch – wenn überhaupt – kaum nachsteht: Alben wie dieses sind alterslos und damit jede Wartezeit der Welt wert.
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