Mono – Nowhere Now Here
Nach den direkten Vorgängeralben über den Erwartungen bleiben Mono dennoch weiterhin unter ihrer potentiellen Leistungsgrenze: Nowhere Now Here lässt in seinen Postrock-Landstrichen ohne nennenswerten Erkenntnisgewinn wunderbar eintauchen.
Der Veröffentlichungsdatum spielt Nowhere Now Here – nach einem schwachen vorangegangenen Genre-Jahrgang 2018 sowie ohne größere Konkurrenz im ersten Monat des aktuellen – sicherlich in die Karten. Doch auch abseits davon lässt sich feststellen, dass das (je nach Zählweise) neunte Studioalbum der Japaner ihr stimmigstes, weil imaginativ einnehmendstes Werk seit sicherlich For My Parents, wahrscheinlich aber sogar [amazon_link id=“B001Q8FS9I“ target=“_blank“ ]Hymn to the Immortal Wind[/amazon_link] geworden ist – ihrer letzten rundum überzeugenden Großtat, mittlerweile übrigens auch schon zehn Jahre alt.
Schließlich gibt es auf Nowhere Now Here Szenen wie das hinten raus in ein retrofuturistisches Blade Runner-Synthieflimmern verfallende Sorrow oder die getragene Bläser-Elegie Funeral Song, in der die Band mit leicht variierten Perspektiven versiert spielt, während der neue Schlagzeuger Dahm Majuri Cipolla durchaus für eine neue pulsierende Kraft im Auftreten sorgt, die hungriger als zuletzt wirkt: Das wuchtig-eruptiv polternde Aushängeschild After You Comes the Flood pflegt etwa eine massive Dramatik, hat etwas aufgerauhtes, roh-angriffslustiges an sich, wie man es von Russian Circles im Exzess kennt, während Mono die Intensität über die Steve Albini-Produktion prototypisch, aber absolut gekonnt immer dichter schrauben. Toll!
Meet Us Where the Night Ends klingt dagegen beinahe wie eine Anlehnung an Mogwai zu [amazon_link id=“B00005AQCC“ target=“_blank“ ]Rock Action[/amazon_link]-Zeiten, das über einem ambienten Loop von der Physis der Rhythmussektion lebt, sich als charakteristischer Mono-Song exemplarisch jedoch eher durch den versierten Orchester-Einsatz definiert, als durch jedwede kompositorische Ader jenseits der Begleitung, während die in Schüben entladende Dynamik der Nummer praktisch pures Genre-Einmaleins darstellt.
Auf Sicht vertändelt sich Nowhere Now Here abseits seiner herausragenden Momente deswegen auch in zu viel generischem Wohlklang von der Stange, füllt den Raum zwischen seinen Highlights wie allen Mono-Studioalben dieses Jahrzehnts mit solider Klasse, spult Trademarks um streicherverträumte Arrangements also über ausfallfreie, routinierte Standards ohne tatsächlich erinnerungswürdiges Songwriting ab, das vor allem immer wieder den erlösenden Climax in den Kompositionen abseits konventioneller Formeln versagt.
Dem Baukasten-Titelsong muss man so ansatzlos anrechnen, dass seine 10 Minuten Spielzeit ohne Längen verfliegen, allerdings auch kaum essentielle Tiefenwirkung innerhalb der gestrickten Rahmenhandlung erzeugen. Das kontemplativ perlende Far and Further stampft dagegen mit weicher Tremolo-Intensität, lässt sein erhebendes Gefühl jedoch verpuffen, während die bezaubernd kitschig arrangierte Klavier-Nachdenklichkeit Parting eine Komfortzone im besten wie unspannendsten Sinne darstellt.
Ihr formvollendetes Können hebt Mono dabei freilich immer über den Durchschnitt, kann über ein relativ ereignislos weiter in den gefälligen Hintergrund rückendes Gesamtwerk allerdings nicht vergessen machen, dass alles Potential hier auch leere Meter vermisst. Die Japaner kompensieren dies instinktiv durch eine bestechend dichte Atmosphäre, die gefangen nimmt, treiben und in seiner Stimmung versinken lässt, eben die Essenz ihres Postrocks definiert, alerdings Hohne erausforderung im Konsum auch nur eine schöne, leidlich spannende Reise für das Kopfkino werden lässt.
Fast schon symptomatisch für die Crux einer paradoxen – so befriedigenden wie frustrierenden – Platte ist insofern, dass einer der nachhaltigsten Momente der Platte sich auch als einer der im Kontext schwächsten im Langzeitgedächtnis festkrallt. Wenn Breathe über schwere Synthiesschwaden aus Twin Peaks weht, ist das nahezu perfekt vom Badalamenti-Reißbrett abgepaust, bis der Gesang von Bassistin Tamaki Kunishi neben ihrem aufdringlichen Akzent so bemüht mit banale (englischsprachigen) Lyrics und plakativer Intonation nervt, bevor mäandernde Reverbgitarren die Nummer transzendental in einem wundervoll melancholischen Nebel auflösen, romantisch im tröstenden Streichermeer zu schwelgen beginnen, dann ist das Malen nach Zahlen in erhebender Grandezza.
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