Mogwai – As The Love Continues
Auch mit prominenten Gästen an Bord bleiben Mogwai wertkonservativ und haben mit (dem seinen Titel ideal wählenden, weil die Zuneigung für die schottische Instanz ansatzlos fortsetzenden) As the Love Continues ein überraschungsarmes und auch unspektakuläre Album aufgenommen – also ihr zehntes rundum tolles in Folge.
Mogwai nutzten das Lockdown-Jahr 2020 also nicht nur dahingehen effektiver als andere, indem sie mit dem großzügig vertriebenen Soundtrack zu ZeroZeroZero sowie der starken Live-Retrospektive 2018 in Erinnerung riefen, was man an dieser Ausnahmeband doch seit über zwanzig Jahren hat; wie ausnahmslos überzeugend jede Veröffentlichung des eine makellose Diskografie vorweisen könnenden Quartetts ist, selbst wenn die Wahrnehmung im vergangenen Jahrzehnt unter einer Fülle an Score-Arbeiten zu verschwimmen drohte.
Sondern auch insofern, als dass die Zeit für den Nachfolger von Every Country‘s Sun gefunden haben: abermals mit Dave Fridmann aufgenommen (obgleich dieser den Produzentenjob diesmal aus der Ferne erledigte und die Sessions „like an Orwellian oppressor“ überwachte); abermals alleine die hauseigenen Trademarks und Stärken nachzeichnend; und die immanente Zuverlässigkeit (jedoch nicht nur mit dem wohlwollend aufgefrischten Rückenwind der nostalgischen Positionierungen des vergangenen Jahres) dabei abermals mit viel Klasse über den routinierte Fließbandarbeit mit Qualitätsstandards hinaushebend.
Mag As the Love Continues bei nüchterner Betrachtung auch „nur“ eine Stafette aus derlei Standards sein, die das Mogwai’sche Einmaleins praktisch fehlerfrei dekliniert, muß diese sich dabei höchstens vorwerfen lassen, stets eine unendlich konstante Beständigkeit, effektive Kompetenz sowie scheinbar blind und mühelos verinnerlichte Signatur zu unterstreichen, anstatt neue Elemente an den Tisch zu bringen.
Dass diese mitunter leicht auszurechnende Formel selbst dann reibungslos aufgeht, wenn der Autopilot übernimmt (gerade im nicht unbedingt essentiellen Drive the Nail, dem mit entfremdeten Vocoder-Vocals schön ausladend agierenden, aber nicht zum Punkt findenden Fuck Off Money oder der versöhnlichen Eleganz von Pat Stains, welches Colin Stetson dezent verschekt), lässt sich dann nämlich nur mit der schieren Qualität des Songwritings, mit der so dicht in ihren Bann ziehenden Melange aus Ästhetik und Atmosphäre, erklären.
In diesem Spektrum ist es keine Euphorie, mit der As the Love Continues empfängt, aber eine zutiefst befriedigende Genugtuung, mit der die Summe entlässt, mit der alle der individuell aufzeigenden, auch wieder hungriger ihre Griffigkeit festsetzenden Momente hier entlohnen.
In To the Bin My Friend, Tonight We Vacate the Earth tasten sich die Gitarren und ein Piano behutsam zum Cinemascope-Plansoll heran, Here We, Here We, Here We Go Forever (was für ein symptomatischer Titel!) überrascht kurz über den Elektro-Beat-Beginn mit modellierter Melodie, der jedoch konsequent in die gängigen Umgangsformen der Band assimiliert wird und dann umso griffiger agiert. Dry Fantasy liebäugelt esoterisch mit dem ruhigen Ambient und Ritchie Sacramento führt hinter einem potentiellen Songnamen des Jahres angenehm shoegazenden Alternative Rock auf, irgendwo behutsam und schmeichelnd. Ceiling Granny spielt ebendiesen dagegen näher an den 90ern und wird live mit rauchenden Gitarrensaiten Spaß machen, auch wenn die Nummer vor allem der Dynamik des Gesamtgefüges dient.
Midnight Flit blüht unter Mithilfe von Atticus Ross orchestral flimmernd mit Streichern auf und findet zur stellaren Extase, Supposedly, We Were Nightmares streicht die Synth Patina im Instrumental Rock deutlicher hervor. Das Highlight ist dennoch (wie so oft bei Mogwai) der Schlusspunkt: It’s What I Want to Do, Mum besucht die Mystik von Les Revenants, stellt eine so absolut erhebende wie grundlegend simple Melodie auf das Podest, geduldig und verträumt, lässt diese beharrlich wachsen, ohne noch irgendjemandem auf dieser Welt etwas beweisen zu wollen oder zu müssen.
Womit der potentielle Instant-Klassiker stellvertretend für die subversive Qualität eines Albums steht (welches sich wertungstechnisch vielleicht eher wie eine 7 anfühlen mag; beim Verfassen dieser Zeilen allerdings auch schon seit Wochen auf Heavy Rotation läuft und praktisch keinen Deut schlechter ist als der Vorgänger – eher im Gegenteil), das über seine Vertrautheit sofort abholt und sich wie ein alter Bekannter anfühlt, auch ohne Herausforderung, Spektakel oder Überraschung frisch konserviert in abonnierte Aussicht stellt, zu einem weiteren Begleiter ohne Ablaufdatum zu werden.
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