Mint Field – Sentimiento Mundial
Mint Field vertiefen nach dem Debütalbum Pasar de las Luces von 2018 auf Sentimiento Mundial ihre Odyssee durch die Weiten eines leicht psychedelischen Amalgams aus Dreampop- und Shoegaze-Konturen, stoßen dabei aber immer noch an ihre Grenzen.
Das hat einerseits damit zu tun, dass das Trio aus Tijuana in México (Sängerin und Gitarristin Estrella del Sol als Bandkopf, Sebastian Neyra am Bass sowie Callum Brown an den Drums) trotz hilfreicher Unterstützer – Cathy Lucas (Vanishing Twin), Callum Brown (Ulrika Spacek) und Nathan Pigott – auch aufgrund der spartanischen Personaldichte alleine vom Sound limitiert ist: Sentimiento Mundial kann aufgrund des stets ambient gesäuselten Gesanges, der – vor allem sobald Tempo ins Spiel kommt – genormt trocken gurgelten Bassläufe sowie der Tatsache, dass Melodien in den nur selten vielschichtig gelagerten Texturen stets zwanglos und vergänglich plätschern, es weder die inszenatorische Reichhaltigkeit noch wirklich griffigen Hooks gibt, eintönig und ziellos wirken, ausgemergelt und nicht die Klangwelten eröffnend, die man im Genre anderswo kennt.
Andererseits gesellen sich zudem einige Schwachstellen in das Albumgefüge, die hinsichtlich ihrer dynamischen Ansichten nachvollziehbar erscheinen, allerdings nicht die besten Seiten der Band betonen – eben meist, wenn nicht auf ein starkes Gespür für Atmosphäre und unwirkliche Schönheit gesetzt wird, sondern auf rockige Akzente: Der Titelsong lebt alleine vom Kontrast aus weich und kratzbürstig. In Contingencia bekommt trockener Krautrock-Groove kantige Post Punk-Gitarren, assoziiert In Rainbows, aber zeigt kompositorisch absolut keine Entwicklung, kein Ziel. No te caigas macht aus der praktisch identischen Basis später zumindest einen ambitionierteren Clusterfuck der Segmente mit kakophonischem Finale, bevor Presente versöhnlicher ausgestattet die Ästhetik der Platte zusammenfasst, mit seinem Loslassen der Zügeln hinten raus aber dennoch wirklich nachhaltigen Ideen ausweicht.
Über weite Strecken ringen Mint Field der Basis von Sentimiento Mundial aber (auch exotisch) anziehende Schattierungen und Nuancen ab.
Cuida tus pasos pelt psychedelisch entschleunigt als Séance in verführerischer Schräglage, minimalistische 6 haucht ätherisch gezupft – auch zu externen Assoziationen. Natural stackst bittersüß säuselnd wie eine Radiohead-Zeitlupe auf Post Punk-Sedativa: Das Saxofon im Hintergrund bleibt eine nicht greifbare Ahnung, die bratzende Gitarre ebenso körperlos, trotzdem flimmert hinten raus das brutzelnde Drama, als wäre man leicht an Ought entlang geschrammt. Delicadeza schwoft mit Ethereal Wave-Reverb durch Twin Peaks und träumt von den Untiefen des Meeres im schimmernden Dunkel, während Aterrizar melodramatisch den stimmungsvollen Pop der Silversun Pickups anvisiert. Nuestro sentido klingt in etwa, als hätten Slint in Trance Valium zu einem Soundtrack von Can und My Bloody Valentine konsumiert, während der Darkjazz durch die Texturen geistert – Nadie te esta persiguiendo dagegen, als hätte Marissa Nadler die Jangle Pop-Überreste von The Pains of Being Pure at Heart ausgegraben.
Weil all das in einem homogenen Kontext geschieht, muss sich Sentimiento Mundial in Summe eher unter Wert verkaufen, als dass es sein Potential einlöst – destillieren Mint Field ihre Stärken zukünftig allerdings effektiver oder schärfen die vorhandenen Strukturen noch erschöpfender, steht der ersten Genre-Reihe eigentlich nichts mehr im Weg.
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