Mike Shinoda – Dropped Frames, Vol. 3

von am 23. September 2020 in Album

Mike Shinoda – Dropped Frames, Vol. 3

Das finale License to Waltz ist eine das Tempo in billiger Aufmerksamkeitssucht variierende MIDI-Interpretation von Tschaikowskis Blumenwalzer, womit Mike Shinoda die Tradition des absurden Rausschmeißers auf seiner Dropped Frames-Reihe aufrecht hält. Ansonsten markiert die dritte – und beste – Ausgabe im Kontext aber endgültig eine Emanzipation.

Vom bisweilen unsinnigen Spaßprojekt, das mit absurden Ideen zwischen den Stilen wechselte und damit eine (weniger) Hit or (mehr) Miss-Angelegenheit ohne langen Mehrwert in Kauf nahm, ist bis auf eben diesen betont kruden Schlusspunkt von Dropped Frames, Vol. 3 jedenfalls nichts mehr über.
Im dritten Anlauf legt Shinoda seine Serie, wie schon auf Part 2 vorgefühlt, konzentrierter und substanzieller an, vor allem aber als homogenes Ganzes, mit dem nötigen Ernst jenseits des sporadischen Flickwerks. Shinoda wirkt selbstsicherer, als wäre ihm nun zumindest wohler in seiner Haut (und mit dem Input der Fans), schließlich versucht er potentiell kritische Reibungsfläche nicht mehr durch betonte Unseriösität zu untergraben.

Auch wenn sich Dropped Frames, Vol. 3 im Verlauf doch ein bisschen in der Beiläufigkeit verliert, wenig konkretes in der Nachhaltigkeit verankert, gibt Shinoda den Tracks doch auch den nötigen Raum, um in ihrem elektronischen Ambientwesen zwischen Hip Hop-Beats und synthie-texturierten Pop-Ästhetiken als Konstante zweckdienlich die wachsen. Die rein instrumentalen Stücke dürfen auch einmal in sich selbst ruhend dahinlaufen, ohne das zusätzliche Ideen mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Brechstange hereinbrechen, wodurch das Material tatsächlich eher wie schlüssige Rahmen für Songs wirkt, denen nur noch die Vocals (und detaillierten Finessen, Ecken und Kanten) fehlen, und nicht wie übermotiviert zusammengebastelte Collagen.
Das von einer sakralen Orgel erhoben-rasselnde Sound Collector könnte etwa gar ein subtiler Nachhall zu Battle Symphony sein, der ohne zusätzliche Stimmband-Ebene ein wenig repetitiv ist, aber stimmungsvoll – das ginge durchaus als Demo eines potentiellen künftigen Linkin Park-Songs später Prägung durch.

Was gibt es sonst noch? In Dream Fragment begleitet ein Piano unwirkliche Märchen-Synthies, auf einem stets unaufgeregten Album exemplarisch weich und mit liebenswürdige Melodie in den freundliches Retrofuturismus träumend. Dust Code drückt und pumpt etwas dunkler am Industrial, samt subkutanen Twist. Andere Musiker würden den neonfärbigen Score No Delete wohl dystopisch kippen lassen, Shinoda tendiert zum hoffnungsvollen Schimmern aus den 80ern: Stranger Things als Wohlfühlmelodram, quasi.
Robet Yodel zieht die Augenbraue als countryesker Hip Hop mit Akustischer und Chain Gang-Lockerheit a la Uncle Cracker hoch – behält aber die Balance zum Nonsense – und nach dem bedächtig walzend-egalen und etwas deplatzierten Vibe Train begibt sich Mike’s Gonna Mike dagegen als zweiter gitarrendominierter Song auf die Spuren von Song 2, knödelt wummernd und relaxt. Mal probiert es Shinoda asiatisch angehaucht (Shoreline) und dann wieder aufgedrehter (Genesis Supernova), klimpert beschwingt und nebensächlich (Goodbye Cow) oder lässt die Dinge dezent knarzend friedlich auspendeln (Sidechain Gang). Dass all diesen Nummern das letzte Quäntchen Gewicht fehlt, um aus guten Rahmenbedingungen sehr gut vollendete Tracks zu machen, stört in diesem locker-nonchalanten Kontext nicht.

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