Michael Kiwanuka – Kiwanuka
Soul an der Schnittstelle zur puren Popmusik: Das reibungslos harmonierende Trio Michael Kiwanuka, Danger Mouse und Inflo setzt die perfektionierten Hebel in Bewegung, um nach drei Jahren die Ideale von Love & Hate formzuvollenden.
Kiwanuka erfährt also gewissermaßen die Abrundung der massentauglich recycelten Pseudo-Vintage-Politur der typischen Brian Burton-Produktion, wobei die versammelten 51 Minuten auch bestätigen, dass nur wenigen Musiker diese Rundum-Behandlung von Danger Mouse derart gut vertragen wie der 32 Jährige titelspendende theoretische Hauptprotagonist.
Wo auch Inflo mit Little Simz unlängst einen Lauf hat, kann Danger Mouse 2019 sowieso als Erfolg verbuchen, denn nach Lux Prima geht die nächste – Stichwort! – Kooperation auf. Denn im Grunde ist dieses Soloalbum gefühlt eben im Gegensatz zu Love & Hate kein solches mehr – dafür ist der Trademark-Sound von Burton mittlerweile zu dominant geworden, sind zu viele Szenen klar auf dem Mist des amerikanischen Inszenierungs-Polarisierer gewachsen.
Etwa die reizend-gackernde Gitatarrenfigur im gelösten Hit Hero; wie Final Days seine Harmonien in höheren Stimmlagen bettet, die kleine orgelnde Melodie in Solid Ground, die ihre Bond-Streicher als Minimalismus auslegt; oder ganz generell die bis zum Abschluß Light immer wieder fistelnden Signature-Chöre: Die trillieren etwa beim smart stacksenden Living in Denial den Lalala-Weg vorgebend ins Falsett gepitcht, während der eigentliche Song mäandert, und finden sich auch, wenn der grandios optimitsch nach vorne getrommelt Opener You Ain’t the Problem seine strickten Drums zu einem verwaschen rauschenden Rock-Gitarren-Lavalounge-Flair führt.
Das sind assoziativ allesamt Ideen, die Burton bereits bei anderen Projekten benutzt hat, deren simplizistische Eingängigkeit man von El Camino, After the Disco, Woodstock oder all den anderen Danger Mouse-Produktionen zu kennen meint – und die Kiwanuka deswegen auch unter Wert verkaufen.
Die Balance zwischen den Parteien stimmt jedenfalls nicht, zumindest hier und da hätte weniger Sound und Produktion der Platte einfach sehr gut getan – und sei es nur, um einen authentischeren Blick auf den Musiker Kiwanuka selbst zu bekommen. Hinter der insofern absurden Titelwahl der Platte funktioniert das dritte Studioalbum des Londoners allerdings in seiner Veranlagung sehr einnehmend. Die kohärent in einem schlüssigen Ganzen verbundenen Stücke fließen extrem gut, gehen sofort ins Ohr, sind angenehme und adäquate Erben im Geiste Isaac Hayes sowie anderen Genre-Klassikern.
Der Groove von Rolling bewegt etwa unmittelbar die Beine, I’ve Been Dazed nimmt den anfänglichen Drive hinten raus für ein melancholische Verträumtheit hinaus, kontemplativ schunkelnd und dann gedankenverloren in der Call-and-Response-Zärtlichkeit aufgehend, die Streicherarrangements sind hoffnungsvolle Schönheiten. Die retrofuturistischen Captain Future-Space-Arrangements werden dafür Kamasi Washington gefallen – mag der Song danach auch noch so unverbindlich klampfend mäandern.
Die erst komplett zurückgenommen eingeleitete Ambient-Fantasie Piano Joint (This Kind of Love) geht dafür zwischen Jazzkelle und kaum greifbaren Chor in einer gefühlvollen Klavier-Intimität auf, behände in smoother Zeitlupe pulsierend, auch wenn die erdige, ehrliche Direktheit des überragenden Debüts Home Again lange her ist.
Schade eben, dass sich Kiwanuka und Burton zu sehr auf eine unaufdringliche Bekömmlichkeit mit immanentem Popappeal einigen können, die Verdaulichkeit eines geschmeidigen Konsums mit einer anmutigen Beiläufigkeit unterstreichen. Im eher konstruiert als impulsiven Klangraum, der einfach zu sauber und aufgeräumt poliert wirkt, entscheidet man sich im Zweifelsfall des Kompromisses deswegen stets dafür, auf zeitlose Art zu berieseln, anstatt emotional aufrüttelnd zu bewegen. Dabei bleibt der etwas fahle Beigeschmack, dass der aktuell womöglich beste Vertreter seiner Zunft eigentlich noch soviel mehr sein könnte als das Konsens-Idealbild, das mit Kiwanuka unzählige Herzen aufgehen lassen wird.
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