Metz – Up On Gravity Hill

von am 23. April 2024 in Album

Metz – Up On Gravity Hill

Sollten Shoegaze-Ausflüge dank TikTok mittlerweile tatsächlich ein unbedingter Garant für einen veritablen Popularitätsschub sein, könnten Metz alleine schon wegen des Closers ihres fünften Studioalbums Up on Gravity Hill tatsächlich ein Stückchen weit durch die Decke gehen.

Light Your Way Home legt sich schließlich weich und warm in seine Gitarrenschwaden, sucht verträumt einnehmend und sehnsüchtig schwelgend das harmonische Duett mit Amber Webber und pflegt als hauseigene Glanztat von besonderer Strahlkraft und Instant-Jahres-Highlight eben eine dem Shoegaze eigene Schönheit des ästhetischen Sounds.
Dass Metz damit am Radar einer breiteren Öffentlichkeit auftauchen werden, wäre verdient und ist durchaus möglich, doch liegt die hier gipfelnde potentielle massentauglichere Auftrittsfläche auch an den diesem Abschluss vorausgehenden 29 Minuten, die trotz einer unleugbaren Signatur keineswegs ausschließlich nach typischen Metz-Mustern arbeiten: die Kanadier haben ihren Noise Rock vier Jahre nach Atlas Vending (in denen vor allem Zusammenarbeiten mit Joe Talbot, Mission of Burma und Adulkt Life passierten) ein wenig geschliffen (ohne die Kanten abzuglätten) und die ungestüme Rohheit in ein deutlich melodischeres, zugänglicheres Spektrum übersetzt. 99 ist beispielsweise zu „99 Nine nine nine nine nine nine/ Nine nine nine“-Prozent wohl sogar so sehr Mitsing-Pop mit einer straighten Hook, wie die immer noch gegen den Strich gebürsteten Rabauken von Metz es wohl sein können.

Was übrigens kein ausschweifendes Extrem darstellt, sondern eine rundum schlüssige Facette im Kontext und der grundlegenden Kurskorrektur. No Reservation / Love Comes Crashing wirbelt als zweiteiliges Statement über sechseinhalb fabelhafte Minuten mit Ansage, schmückt sich mit halluzinogenen Texturen bimmelnd aus und nimmt zur Mitte hin den Twist, löst die Handbremse in die straighter ziehende Rock-Trance und taucht auf der Psychedelic-Autobahn die eigene Liebe zu My Bloody Valentine subversiv an. Glass Eye groovt sich twistend im stoischen Beat ein, wo die Gitarren wie nebulöse Maschinen hochfahren und pendelnd begleitend – ein Hit? Ähnlich formend agiert die Rhythmusgruppe jedenfalls  daraufhin in Entwined (Street Light Buzz), dessen Rahmen B.L.U.R.E.M.I. als Tritt aufs Punkrock-Pedal adaptiert und Alex Edkins‘ Vocals das Gefüge symptomatisch nicht mehr giftig attackieren, sondern launisch umgarnen.

In Superior Mirage assimilieren Metz mit friedlichem Zug unaufgeregte Post Punk-Muster und lauern in bittersüß-eingängigen Harmonien, auch einfach etwas harmloser als bisher, derweil das grungig polternde Wound Tight griffig und schmissig schnell erfasst (und abseits des Konsums dennoch relativ unschwer wieder vergessen ist) ist. Reibungslos ist das alles nicht, aber nicht derart reizvoll provozierend, wie man es von dem kanadischen Trio gewohnt ist – und zudem stets den Eindruck hinterlassend, dass das mehr drinnen gewesen wäre; dass es sich die Band abseits ihrer Komfortzone in einer neuen Gefälligkeit mit knackiger Single-Tauglichkeit ein klein wenig zu gemütlich gemacht hat.
Was wiederum, nachdem Never Still Again mit Weirdo-Faktor und Bedrohlichkeit samt samt leichter 90er-Hymnik schraffiert wird, allerdings eben auch zu Light Your Way Home führt: einer formvollendetem Evolutionssprung als Krönung einer ambivalenten, wiewohl abermals konstant abliefernden Übergangsplatte.


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