Mephistofeles – Satan Sex Ceremonies
Kurz vor dem Jahreswechsel opfern Mephistofeles hinter dem geschmackssicheren Titel und Artwork von Satan Sex Ceremonies dem okkulten Stoner und Doom Rock noch einen besonders hübsch verdrogten Rausch.
Die beiden Vorgängeralben Whore und ( ( ( I ‚ M H E R O I N ) ) ) müssen sich trotz bisweilen kultischer Verehrung und horrender Preise ja durchaus den Vorwurf gefallen lassen, nicht derart hemmungslos halluzinogen einzufangen, wie die all die Live-Alben, Demo-Mitschnitte und rohen Proberaumaufnahmen der Argentinier tun. Dort fesselt der durchaus zu genetischen Schablonen von Mephistofeles immerhin nicht nur atmosphärischer und ekstatischer, sondern orientiert das Gebräu des Trios phasenweise gar hin bis zu Boris oder Kyuss.
Satan Sex Ceremonies kann – oder will – diese Problematik nun nicht vollständig beseitigen. Das Drittwerk der Band ist (vorerst nur digital erhältlich, später aber sicherlich in viel zu knapper physischer Verfügbarkeit kredenzt) auflagentechnisch, ästhetisch und natürlich vor allem stilistisch immer noch zu nahe dran am Genre-Standard, den die goldene Mitte aus Electric Wizard und Uncle Acid aus dem Erbe von Black Sabbath für die breite Nischen-Masse definiert hat. All der Fuzz und die Distortion im B-Movie-Flair, die scheppernden Drums und die Szene-Riffs beim dreckigen Blues, alleine die nasal verzerrte Stimme – all dies bedienen Mephistofeles wieder so dicht an herrschenden Szene-Normen. Allerdings wächst Satan Sex Ceremonies (gerade im ausufernden Rahmen) aber diesmal doch merklich immer wieder ein gutes Stück weit über die Komfortzone hinaus.
Gleich Satan Sex Ceremonies / The Wrath of Jacula könnte zumindest als beinahe progressiver Ausbruch aus den Strukturen Verstanden werden, wenn ein horrendes Intro zu einem gniedelnd bespielten Düster-Orgenteppich führt. Dort revidieren Mephistofeles diese Ouvertüre zwar und bratzen doch lieber im verdienten Heavy-Midtempo los, legen sich mit einer malmenden, stoischen Ausdauer in den Riff-Morast. Doch über ein Dracula-Sample laugt der Opener über einen ewig langen Ambientkörper aus, aus dessen Resonanzkörper im langsam konkrete Formen annehmenden Jam eine doomige Instrumentale-Walze wächst, die immer dichter in Trance schwebt, und eben diese sich komplett gehen lassende Schiene neben der Konvention bedient, die Mephistofeles ansonsten auf regulären Studioalben eben beschnitten hätten.
Overdose beginnt später dagegen wie Eddie Vedders Soloversion von Can’t Keep an der Ukulele und wandert dann durch folkige Grenzbereiche schrammelnd trotz nervöser Texturen durch eine stimmungsvolle Atempause. Das Gefühl für einen dynamischeren, variablen Albumfluß und einen differenzierter übergreifenden Spannungsbogen ist bei Mephistofeles also gewachsen. Weswegen das folgende Syringe mit seinem Hexen-Furien-Geheul dort auch umso erschreckender detonieren kann, das Fuzzpedal so rücksichtslos auspackt und aufbrausend am Stoner fauchend knarzt, sich über psychedelische 60s-Schwaden hangelt und justament dann, wenn das Gitarrenduell zugunsten einer Hendrix-Liebe entschieden scheint, rostig-schrammelnde Saiten um die Ecke biegen lässt.
Curse of the Knife war dagegen (wie das Finale der Platte allgemein) schon live ein zwingendes Highlight. Nun rollt der halbstarke Unruhestifter dumpf bollernd in einer tektonischen Klammer, in deren Mitte sich die Extreme steigern, sobald die Band die Handbremse löst und sich auf der Überholspur immer hemmungsloser dem sinnlichen Tempo hingibt. Chains of Agony wiederum gönnt sich ein langes Sample, dass einen zähflüssigen Morast von einem Closer anrührt, der sich immer weiter somnambul wälzt, die solierende Nabelschau zur Transzendenz erklärt und erst auf die letzten Meter noch einmal die Zügel enger zieht.
Freilich sind das alles relative Experimente. Denn auch hier holt Satan Sex Ceremonies Puristen praktisch immer noch ohne Risiken unmittelbar an Bord, liefert unweit der Erwartungshaltung ab. Trotzdem erweisen sich die stringenter an der Basis verankerten Songs eher „nur“ als fehlerfreie Kompetenzdemonstration. Das kompakt groovende Profanation ist enorm catchy, auch wenn man die trockenen Drums gefühlt nicht derartig scheu hinter die dominanten Vocals mischen hätte müssen. Die Saiten sorgen dafür ein bisschen Geifer im Mundwinkel, spätestens wenn die Nummer zum Solo abhebt – am Ende steht jedenfalls ein zu abrupt beendeter kleiner Hit.
Und in Down Again brät die Vintage-Orgel dafür flächiger im archaischen Bad der repetitiven Riffs und der zähflüssigen Atmosphäre, wo Mephistofeles selbst in austauschbareren Momenten demonstrieren, wie unfassbar viel Verve und Vibe sie erzeugen können. Kurz will sich die Leadgitarre spontan in den Vordergrund drängen, wird aber kurzerhand vom Gebräu mitgezogen, bis es dann mit geschlossenen Augen und obszönen Fantasien doch so weit ist. Weit ist das Optimum auf Satan Sex Ceremonies hier jedenfalls nicht mehr entfernt.
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