Melt Downer – Gross White
Ziemlich unverantwortlich: In Zeiten der Selbstisolation und Ausgangbeschränkungen provoziert Österreichs beste Noiserockband in Form von Gross White mit einer Single, die in den verschwitzen Pit vor der Bühne gehört.
Die eigenen vier Wände zu zerlegen ist freilich auch eine Option, irgendwo aber sogar unvermeidlich: Die Energie, Dringlichkeit und Impulsivität, mit der Melt Downer wieder einmal spielen, packt sofort – das Händchen für ein catchy zwingendes Momentum jenseits jeder Gefälligkeit besorgt den Rest in diesem unbedingt wüsten Adrenalinkick. Also ganz so, wie das Trio Möstl, Zangl und Gießauf Genre-Fans bereits auf dem selbstbetitelten Debüt (2017) und Alter the Stunt (2018) in Schnappatmung versetzen konnten.
Im Vergleich zu den beiden Studioalben hat sich auf Gross White trotz einer vom Zweitwerk übernommenen Vorliebe für kompakte, auch konventionellere Strukturen das assoziative Spektrum dann allerdings leicht verschoben.
Immerhin attackieren die knapp drei Minuten aus referentieller Metz-Nähe diesmal wie eine Symbiose mit den Tugenden von Fugazi: Das skandiert mit ordentlich Rückenwind im Erbe von Guy Picciotto, scheppert mit dramatischer Post-Hardcore Größe im kaum langsamer machenden Refrain. Der Sound ist roh und ungeschliffen, schnappend und kontrolliert hyperventilierend, bevor Gross White als Bridge den flächigen Twist auspackt, sich kurz durchtatmend ausbremst, um dann mit der DNA von Sonic Youth modifiziert noch einmal drangsalierend und rumorend anpeitschend durchstartet.
An sich eine ideale Single würde Gross White in einen übergeordneten Spannungsbogen und Kontext versetzt eventuell trotzdem noch stärker funktionieren. Das gute an diesem Rabatz ist zwar auch, dass Melt Downer gar nicht erst den Raum für wehmütige Zukunftsaussichten auftun, sondern sich voll auf das Momentum konzentrieren. Doch während man insofern kaum dazu kommt, sich auszumalen, wie brutal das Stück wohl erst live einschlagen wird, kurbelt Gross White (auch im knalligen VHS-Look) dann aber insgeheim doch vor allem auch den Hunger auf Studioalbum Nummer 3 an.
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