Maxïmo Park – The National Health

von am 10. Juni 2012 in Album

Maxïmo Park – The National Health

Maxïmo Park und The National Health, das hat ein bisschen was von hip ausgestatteter Wursttheke und einladend aufbereitetem Gammelfleisch – ändert aber auch nichts daran, dass die fünf Engländer auch in der vierten Auflage schmackhafte Indierockkost servieren.

Da kann man sich natürlich darüber mokieren, dass sich unter dem Banner Maxïmo Park seit dem Debüt A Certain Trigger von 2005 wenig verändert hat, schon gar nichts zum besseren. Dass die Engländer seit damals Leistungstechnisch mehr oder minder stagnieren, daran ändert auch The National Health nach drei Jahren Pause nichts. Genau genommen begnügen sich Maxïmo Park 2012 sogar schlicht damit, auf ihrem vierten Album die schnörkellose Leichtigkeit des somnambul zelebrierten Hitverständnis von Our Earthly Pleasures mit der nachdrücklichen und manchmal gar erdrückenden Schwere von Quicken the Heart zu verknoten und anschließend dabei zuzusehen, wie unter dem unverkennbaren Bandsound die großen Popmelodien und zwingenden Indie Rock Hymnen mit Wave Anstrich zu wachsen beginnen.

Do I really need / To give an introduction?/ Must the artist bleed/ Over the new production?“ fragt Sänger Paul Smith rhetorisch im in die Irre führenden Opener When I Was Wild, einer zurückgenommenen Pianoballade, welche den Faden nur lose zum ähnlich reduzierten Soloausflug Margins spannt. Dass The National Health Bestandsaufnahme und Reflektion weltpolitischer  Zustände sei und man sich „mit dem neuen Album neu positionieren werde“ (sagt zumindest Keyboarder Lukas Wooler) revidiert Smith textlich im darauf folgenden Titelsong zwar noch nicht, kehrt es aber unter den Teppich, weil das Tempo plötzlich gehörig anzieht und man unvermittelt wieder drin ist im Spannungsfeld zwischen zackigen Riffs, mitreißenden Melodien und schmissigen Hooklines, wo der Dunstkreis aus dem, was von den Futureheads, den Kaiser Chiefs und Rakes und wie sie Mitte des letzten Jahrzehnts eben alle hießen, längst als dunkle Ahnung im Hinterkopf verbannt wurde. Mögen Maxïmo Park vielleicht oder sehr wahrscheinlich auch nie mehr an den Geniestreich A Certain Trigger anknüpfen können – mit den gleichen Mitteln von damals haben die Mannen aus Newcastle ihren ureignenen post-punkigen Gitarrenpop inzwischen trotz aller bereits getätigter Nachrufe konsequent Richtung Zeitlosigkeit getrieben.

Zumal sie sich nicht nur auf ihre Stärken konzentrieren, sondern diese auch wieder mit einer zuletzt dezent vermissten, kraftstrotzenden Unbekümmertheit servieren. Dem rasant nach vorne sprintenden The National Health wird die erste Single Hips and Lips nachgereicht, eine solche nämlich,  die voll und ganz in der Tradition von Our Velocity oder The Kids Are Sick Again funktioniert: Wenn man denkt, dass Maxïmo Park einen schon mit poppigen Seitenhieben noch und nöcher bombardiert haben, schlägt dass gar noch den zusätzlichen Hacken Richtung alles erschlagender Endorphindusche mittels des ganz großen Popmoments. „You’re a puzzle to me/ And you always will be!“ wehklagt Smith hier mit beiden Armen gen Himmel ragend, und natürlich sind Maxïmo Park noch immer dann am besten, wenn sie ihr fein geschliffenes Händchen für grandiose Hitsingles mit den wohlüberlegten Herzschmerzbeobachtungen des Alltags kreuzen, die Smith wieder so literarisch an Werther geschult aus seiner Melone zaubert. Und mit derartigen, praktisch fürs Formatradio glorreich erträumten Synthie-Rocksongs wird auf ‚The National Health‚ auch in weiterer Folge nur so um sich geschmissen (Write This Down, Wolf Among Men, Until The Earth Would Open etc.) während als Gegenpol unter anderem das zurückgenommene The Undercurrents die Dynamik hin zur zum Sterben schönen The Smiths-Verehrung ausbremsen darf.

Die nicht zu leugnende Formelhaftigkeit, mit der Maxïmo Park unbeiirt an bewährten Strukturen festhalten, gleichen Smith, Loyd und Co. mit einer energischen Leidenschaftlichkeit in der Herangehensweise aus. Ansatzweise Überraschungen wie die die Akustikgitarrenballade ‚Unfamiliar Places‚ halten die Sache spannend, ohne freilich einen narrensicheren Ausweg aus der Sackgasse aufzuzeigen, in der sich Maxïmo Park längstens festgefahren haben. Eventuell braucht es das aber ja auch nicht, bedenkt man, dass nach Quicken the Heart wohl die wenigsten ein weiteres klassisches Maxïmo Park-Album verlangt hätten und nun angesichts der unwiderstehlichen Hitsammlung The National Health doch wieder ausgelassen die Beine kreisen lassen dürften. Damit halten sich die fünf Engländer weiterhin erstaunlich gut mit einem Aufguss über Wasser, dessen Ingredienzien theoretisch längst ihre Haltbarkeitsdaten überschritten haben, praktisch aber noch beinahe so genießbar sind wie am zweiten Tag.

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