Maxïmo Park – As Long As We Keep Moving
As Long As We Keep Moving ist entgegen seines Titels ein sinnentleerter Tritt am Stand: Maxïmo Park haben zum Abschied des nach Australien ausgewanderten Keyboarders Lukas Wooller ein Livealbum ohne Publikum aufgenommen.
„It’s been over a decade since our only live DVD. We thought we would make an audio-visual document of our band in its current incarnation, especially because we feel like we are at our most dynamic in a live setting.“ Stimmt schon, nur ist man auch knapp 10 Jahre später als Anhänger der den 00er-Hype zumindest souverän überlebt habenden Band im Grunde immer noch mit (dem nur das unsterbliche Debütalbumbedienenden) Found on Film euphorisierender bedient.
Was daran liegt, dass As Long As We Keep Moving im Endeffekt vielleicht eine nette Abschiedsgeste für Gründungsmitglied Wooller darstellt, abseits davon aber eigentlich niemandem restlos zufriedenstellend in die Karten spielt – genau genommen sogar schlichtweg auf so vielen Ebenen obsolet erscheint.
Maxïmo Park sind eine grandiose Liveband, ja, aber ohne den Austausch mit einem enthusiastischen Publikum wirkt die Band in den Vada Studios auch isoliert, der energische Funke will nie so richtig überspringen. Die Performance wirkt leidenschaftlich, aber schaumgebremst – weswegen sowohl Found on Film, als auch die einzelnen Studioalben allesamt kraftvoller wirken, als As Long As We Keep Moving.
Von den auf A Certain Trigger, Our Earthly Pleasures, Quicken the Heart, The National Health, Too Much Information und Risk to Exist vorgelegten Originalen unterscheiden sich die hier gespielten Versionen übrigens nur minimal. Klar, der Sound ist ein klein wenig rauer und trockener, die Rhythmen bauchiger, und die dünnen Synthies besorgen eher verzierende Effekte, als dass sie flächig texturieren. Dennoch wirken die zehn Songs leidlich inspiriert aufgearbeitet, was As Long As We Keep Moving zumindest im Tonträgerformat freilich noch weniger essentiell macht. Der beigepackte Konzertfilm versucht diesen Fakt zumindest mit trippigen Effekten zu kaschieren – kann man sich geben!
Trotzdem will As Long As We Keep Moving auch als Querschnitt durch alle Phasen (streitbar: gab es überhaupt mehr als eine?) nicht als wirkliches Best Of herhalten – dafür fehlen einfach zu viele der zahlreichen zackigen Indie Hits, die die Engländer über die vergangenen Jahre angehäuft haben. Noch nützt die Band im Umkehrschluss die theoretische Chance, weniger prominente Vertreter der Diskografie, B-Seiten oder angestaute Coversongs ins Rampenlicht zu stellen – das treibende A19 bleibt die einzige unkonventionellere Wahl.
Weder potentes (Live-)Fleisch noch (Conpilation-) Fisch macht das Gesamtpaket As Long As We Keep Moving dennoch nicht alles verkehrt, bietet beispielsweise einen gelungenen Einsteigepunkt für neue Fans und funktioniert auch als nette Fußnote für Komplettisten, die sich über ein Wiedersehen mit einigen Favoriten und Instant-Hits freuen dürfen – und unter dem Elektronenmikroskop eventuell sogar auf CD und Vinyl einen subtilen Mehrwert erkennen.
Etwa, wenn die allgemein ziseliert bratende Gitarre von Duncan Lloyd in I Want You to Stay dezent postpunkiger schrammeln und dann wieder spartanischer funkeln darf, das Finale aber ohnedies nicht dem bekannten erschöpfenden Exzess nahekommt. In Girls Who Play Guitars wird die ganze Band in den „Its her life“-Part miteinbezigen und Questing, Not Coasting hat, wenn man so will, einen angenehm versöhnlichen, ruhigen Ton in der Melodramatik bekommen. The National Health kippt dann wiederum doch zu weit in die farblose Langeweile, die auf As Long As We Keep Moving stets ein kleines bisschen zwischen den Zeilen und all den grandiosen Ohrwürmern allgegenwärtig ist, wo auch Books From Boxes ohne erkennbare Ambitionen ausnahmslos auf Nummer Sicher geht und die Konsenssingle pflichtbewusst nachspielt.
Was in diesem Kontext möglich sein hätte können, deuten hingegen nur wenige Szenen an: In Limassol dürfen sich Gitarre und Keyboard ein paar Millimeter vom Ausgangsmaterial entfernen, ohne hungrig zu werden oder Wooller eine verausgabende Gala zu bieten, auch Paul Smith deutet Überschwänglichkeit leider bloß an. Und das verspielt ausgeschmückt aus der enervierender Belanglosigkeit düdelnde Midnight in the Hill hätte mit ein bisschen lockererem Zügeln eventuell gar in die Psychedelic abdriften können.
Letztendlich ohnedies allesamt minimale Details, die kaum der Rede wert sind – aber auch keiner Frustration entgegenwirken müssen. Maxïmo Park erinnern mit dieser soliden Platte schließlich routiniert daran, warum sie nach wie vor zu den Lieblingsschülern der Indie-Abschlussklasse von 2005 gehören, obwohl das Reproduzieren (nein, nicht Auffrischen!) alter Glanztaten eben auch nicht aufwiegen kann, dass As Long As We Keep Moving seinem Titel zum Trotz schlichtweg vertonter, enttäuschender Stillstand ist.
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