Masterpiece Machine – Rotting Fruit / Letting You In on a Secret
Mike Haliechuk und Jonah Falco haben sich Thrash-Experte Riley Gale engagiert, um auf der Masterpiece Machine Doppel-A-Seite Rotting Fruit und Letting You in on a Secret aufwühlenden Industrial an der Schwelle vom Rock zum Metal zu zelebrieren.
Wie das klingt, wenn die Fucked Up-Kreativspitze von Dose Your Dreams übrig gebliebenes Material gemeinsam mit dem Power Trip-Anpeitscher zu Ende führt, bringt das Trio am besten selbst auf den Punkt: „Imagine the pounding the drum of Psalm-era Ministry with flashes of Nine Inch Nails, massive rock riffs, cinematic electronics, and post-hardcore influenced vocals.“
Eine stilistische Ausrichtung, mit der man nicht zwangsläufig rechnen musste also. Nachdem die progressiven kanadischen Hardcorler jahrelang versucht hatten zumindest einen Gastauftritt des Frontmann der texanischen Thrash-Durchstarter auf ihren regulären Platten zustande zu bringen, aber regelmäßig an terminlichen Schwierigkeiten scheiterten, ist der Start eines gemeinsamen Projekts nun zusätzlich überraschend, aber nur konsequent.
Haliechuck und Falco konnte nicht von ihren Songideen lassen und wollten Gale an Bord haben, der für die Arbeit mit einstigen Idolen und späteren Freunden praktisch ins kalte Wasser sprang: „This was way different sounding than anything I expected to do on a Fucked Up record, and I was going to have to step way outside the box on what I do vocally, but I wasn’t going to not give it a shot. (…) Joining up with Mike and Jonah, for me, is simply 50 percent having fun with this and 50 percent seeing what I can learn about music and how far I can push my personal abilities. Barking well over metal music like PT takes time to build up that strength, but it’s nothing compared to going into a studio and trying to actually belt it out and sing, or yell in key, or whatever it is I did. Jonah and Mike never made it feel like a tryout, but after I tracked the vocals, I was so unsure of myself I half expected them to say, „Thanks for trying but no.“ They obviously see something in me, and that’s a huge confidence booster to keep the Machine going.“
Und weiter: „For me, this couldn’t be further out of my comfort zone. Before discovering stuff like Big Black and Godflesh in my late teens, my only real flirtation with „industrial“ music was maybe the Mortal Kombat soundtrack. Before adulthood, „digital“ and „guitar“ music fell into two distinct different categories. As an adult, my tastes have evolved and I love lots of music that blends analog and digital tones, but a band where industrial music is a primary influence was not something I ever saw myself joining. I don’t play an instrument, I know virtually nothing about electronics, but I like to think I have a good sense for good music. And I knew these Masterpiece Machine songs were good music. Still, this was almost entirely uncharted territory for me. The only mile marker I really had was that my vocals would be good enough to get me into the band, and I guess it was.“
Dem ist auf jeden Fall so, vielleicht ist Gale (und seine Stammband) sogar der explizite Gewinner dieses Projektes. Über die pluckernden und konträr schiebenden, repetitiv-hypnotischen Gitarrenspitzen und Riffs von Rotting Fruit, mit seiner erhebender Spannung, dem treibenden Beat voll maschineller Rhythmik, singt und brüllt Riley jedenfalls so melodisch wie nie zuvor – welche Auswirkungen diese Evolution auf Power Trip haben könnte, mag man sich mit wässrigem Maul noch gar nicht wirklich ausmalen. Wachsen wird der 34 Jährige an dieser Erfahrung sicherlich, während man sich ein bisschen in einem Strudel der apokalyptischen Clubmusik wähnt.
Haliechuck und Falco schrauben immer weiter in den manisch funkelnden, psychotischen Queen-Himmel, die Harmonien in den Backingvocals und Gitarren zeigen klar Fucked Up-DNA, leben ihre Gelüste aber eben näher am Industrial Rock aus. Der Spannungsbogen zeigt dabei kein penetrantes Intensivieren, sondern einen runden Bogen.
Das (für sich alleine stehend) nur minimal weniger starke Letting You in on a Secret flirtet mit retrofuturistischer Elektronik, die erst lange abgedämpft lauernd köchelnd, Dissonanz und Harmonie gleichsetzt, dann aber mit scharfkantig schneidenden Drumbeats und neongrellen Texturen immer weiter aufblüht, obwohl die Handbremse mit nostalgischer Distortion sinnierend angesetzt bleibt. Gale liefert dazu eine verzweifelte Sehnsucht in die kalte Dystopie schreiend, bis die Gitarren knackig erwachen und der Klimax immer enger angezogen wird – doch nur für wenige Sekunden ist man mitten drinnen in einer 80er-Verfolgungsjagd auf dem Roboter-Hyghway, den die Form des Songwritings wird abermals unkonventionell gelöst.
Weswegen nach diesem gerade im Verbund absolut überzeugenden Nummern auch nur ein Schluß gezogen werden kann: Von Masterpiece Machine will man so bald wie möglich mehr – und zwar in einem ausführlicheren Kontext! – serviert bekommen.
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