Massa Nera, moshimoshi, Un Automne de Plus [15.05.2024: Sub, Graz]
Unter dem Banner „Barrenfields Booking X Head In Clouds presents: On Wednesdays We Listen To Emo Music Vol.2“ spielen Un Automne de Plus, Moshimoshi und Massa Nera im Sub ziemlich furios auf.
Un Automne de Plus tun dies in ihrer mutmaßlich bereits dritten Inkarnation und widmen sich dabei dem Material der dabei seit 2022 veröffentlichten (und aus Revenir., Construire. sowie Devenir. bestehenden) jüngsten EP-Trilogie.
Ganz rund läuft das zwar nicht immer, weil der Einsatz der vom Laptop eingespielten Sprach-Samples in technischer Hinsicht immer wieder mal gegen die eigentlichen Intentionen der Band anrennt, doch schmälert das weder die Qualität, noch die eigentliche Performance der Songs: Das Pariser Trio lässt seinen Metal-Riffs ebenso wie weite, postrockig-instrumentale Ausflüge mitnehmenden Screamo über den Erwartungen von der rohen Leine, und bestätigt jenseits der reinen Kompetenz das alte Vorurteil, dass Franzosen das Spiel mit dem Genre einfach vorzüglich beherrschen.
Dass die mal harsch und aggressiv, mal verzweifelt hysterisch keifenden Un Automne de Plus in einer versierten Spannweite dabei das gefühlt ausführlichste Set des Abends spielen, bedeutet im Umkehrschluss deswegen auch keine wirkliche Längen, sondern eher die auf der Bühne absolut überzeugende Tatsache, hier eine (nicht mehr wirklich) neue Szene-Band zu hören, die man zuversichtlich auf dem Radar behalten kann.
Moshimoshi aus Helsinki sind dagegen schon auf Platte super – live aber noch viel, viel besser. Sensationell gar! Der eigenwillig melodisch auf einer Art Midwest Emo-Math den Indie Rock anschreiende (und Assoziationen an Lite, Fang Island, Title Fight oder Merchant Ships und Algernon Cadwallader frenetisch durcheinander würfelnde) Drahtseilakt des Quartetts kommt da nämlich noch zwingender, voluminöser und auf so positiv enthusiastische Weise überschwänglich daher. Die Vocals fügen sich weniger schrill und heiser hervortretend als auf Platte stimmiger in das Gefüge, das seine weirden Gitarrenfiguren und bisweilen vertrackten Rhythmus-Ideen herrlich intensiv rotieren lässt und mit einer absoluten Freude an der Sache ansteckt.
Zumal die Band dann auch noch aus recht sympathischen Kerlen mit ein paar kecken Sprüchen auf den Lippen zu bestehen scheint, die neben dem verausgabenden Spiel wenig eigenen Aktionsradius auf der nicht vorhandenen Bühne brauchen, um den Funken so ansatzlos überspringen zu lassen, dass dann auch ordentlich Bewegung im gut gefüllten Sub angezettelt wird. Ja, das macht einfach verdammt viel Spaß!
Während die vier Finnen so rund um ihre Green LP auch neues Material ausprobieren, hat nicht nur Massa Nera-Drummer Mark Boulanger unter seinen fetten Kopfhörern eine sichtliche Freude am infektiösen Dynamik-Turnen einer (an diesem Abend einfach zu kurz spielenden, begeisternd nach Mehr verlangen lassenden) Band, die eigentlich nur die Frage offen lässt, warum sie nicht längst durch die Decke gegangen ist. Was aber, angesichts des neuen Songsmaterials unweigerlich bald zwangsläufig passieren wird müssen!
Setlist:
Sleeping Under A Green Leaf
Sailing
The Great Battle Between The Frog And The Yellow Rabbit
New Song
New Song
Sammalet
Mess Like Me
These Days
Soon
New Song
I Have Never Seen You Like This…
Anime ThemeEncore:
Dull Song
Eben jener Mark entpuppt sich schon vor dem eigentlichen (und angesichts des folgenden Werktages leider verspätet startenden) Konzertbeginn am Merch-Stand als ebenso kommunikativer wie extrem freundlicher Kerl, der enthusiastisch von der bisherigen Tour und dem damit verbundenen ersten Österreich-Stopp der Amerikaner erzählt, bzw. in weiterer Folge kurzerhand dazu anzustiften versucht, doch auch einfach selbst eine Band zu gründen, nachdem er vom hiesigen Essenangebot, den Veranstaltern generell und dem Sub im Speziellen schwärmt.
Die Location und die engagierten Personen dahinter liefern übrigens wirklich umstandslos ab – dass die vier brüllenden Stimmen von Massa Nera gefühlt ein klein wenig zu sehr vom extrem dichten, im kraftvoller Lauststärke umspülenden Sound überdeckt werden, geschieht schließlich auf Wunsch der Band selbst.
Und dass die knapp halbstündige Setlist (oder: „45 Minuten der größten Hits!“) subjektiv um zumindest einen Song zu kompakt bemessen ist, liegt paradoxerweise auch daran, wie extrem gut diese entlang eines um Stücke von Derramar | Querer | Borrar und Quatro vientos // Cinco soles konzentrierten Spannungsbogens geraten ist – ein Highlight jagt das nächste und der eingestreute neue Song hält das Niveau mindestens! – oder daran, dass man alleine Mark stundenlang bei seinem intensiven Schlagzeugspiel samt einem vor Emotionen explodierenden Gesichts zuschauen könnte, derweil die ganze Band sich mit Hingabe in ihre kreativ pulsierenden, ziemlich komplexen, jedoch live flächiger und breiter dröhnenden Songs legt – dabei aber auf eine Homogenität setzt, die Extreme wie Shapeshifter ausklammert. Wie verdammt gut diese Kombo auch live in dem ist, was sie tut, lässt jedenfalls mit der Zunge schnalzen: grandios!
Weil es dann zumindest noch eine Zugabe gibt, obwohl beim Schlagzeug eigentlich bereits die ersten Becken abmontiert wurden, entlässt das an der kurzen Leine gehalten doch noch restlos zufrieden, gar euphorisch, aus einem nahezu perfekten Abend mit Referenz-Klasse. Deswegen der Ratschlag nach Wien: Dieses Gespann an Ausnahme-Könnern sollte man auf keinen Fall verpassen!
Setlist:
Bloated
„Untitled Song (this one is unreleased)“
April 7th
Adrift
Division
I Point to the RiverEncore:
Eyeless Faces
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