Marlon Williams – Make Way for Love

Marlon Williams leidet auf Make Way for Love hingebungsvoll an einem gebrochenen Herzen. Leider hat er dazu Großteils (wohl ebenso leicht zu unter- wie auch überschätzende) Songs komponiert, die diesen Umstand wohlwollend wie eine angenehm-gefällige Bagatelle klingen lassen.
Der 27 Jährige hat das Country-Flair seines Debüts dafür weit hinein in den Pop übersetzt singt auf seinem Zweitwerk also beispielsweise Zeilen wie „People tell me: ‚Boy, you dodged a bullet!’/ But if only it had hit me, then I’d know the peace it brings“, während Love is a Terrible Thing als bedeutungsschwere Pianoballade plötzlich einen retrofuturistischen Synth-Touch bekommt, sich weich bettet, verführt.
Vielleicht muss man insofern ohnedies die Frage in den Raum werfen, wie schwerwiegend ein lyrisch kasteiendes Beziehungsende überhaupt ist, wenn man die Ex dann doch noch kurzerhand zu einem anmutig im Fahrwasser von Midlake und dem abgründigen Optimismus von The Velvet Underground der Loaded-Ära plätschernden Duet eingeladen hat – so geschehen bei Williams und Aldous Harding, die sich gemeinsam durch Nobody Gets What They Want trösten. „Isn’t it strange, impossible to claim your reward/…/Two is the charm, a place therein around us and pray and pray“ sinnieren die beiden, rauchig und tröstend, entbehren dabei aber keineswegs einen gewissen gemütlichen Komfortzonen-Opportunismus.
Was nur zu frontal das Potential für gewisse wagemutige Spannungen bieten hätte können, steht in seiner harmlosen Eingängigkeit jedoch durchaus symptomatisch für das so sehr nach versöhnlichkeit strebende Make Way for Love in seiner Gesamtheit. Irgendwo nahe einem weniger zwingenden [amazon_link id=“B001SPY9MG“ target=“_blank“ ]Sea Change[/amazon_link] voller Slide Gitarren oder Lewis‚ mysteriösem Wunderwerk L’amour, getragenen Rhythmen und abgedämpften Hall badet sich Williams nunmehr explizit in der Tradition großer Crooner wie Roy Orbison, Richard Hawley oder Chris Isaak, weht mit sanfter Falsett-Intonierung an Ästheten wie Rufus Wainwright, Perfume Genius oder Anthony/Ahnoni in einer bittersüßen Melancholie vorbei, die sich zwischen Kammer-Folk und Lambchop‘eskem Americana geschmeidig inszeniert in ein zeitloses Flair legt.
Das ist mit unangestrengter Hand betörend, einnehmend und auch ein harmonisches Schwelgen von leise sehnsüchtiger Intimität, aber eben auch gerade auf Sicht relativ spannungsarm. Make Way for Love ist eine wattiert und unwirklich im Hintergrund plätschernde, ätherische Elegie voller flüchtiger Ohrwürmer, die balsamiert, aber niemandem wehtun will und den Schmerz in bezaubernder Einsamkeit hinfortstreicheln möchte. Nicht nur in dem sein dramatisches Gewicht nur unkonkret als Damoklesschwert schweben lassenden I Didn’t Make a Plan wirkt es deswegen so, als würde Williams seine Songs lieber zu einem Wohlfühl-Ende bringen, bevor er tatsächlich zum Kern der Komposition vordringen könnte; wohingegen das flotte Party Boy mit seinen minimalistisch programmiert zu Suicide galoppierenden Rockybilly-Beat zwar im Albumfluss für Dynamik sorgt, für sich genommen aber wie so viele Songs ohne weiteren Impuls gleichförmig von Anfang bis Ende durchläuft.
Make Way for Love verschenkt so verdammt viel vom Potential des stilistisch neu gewichtet auftretenden Neuseeländers, beeindruckt jedoch nicht ausnahmslos mit der Eleganz einer Produktion, die ihre reichhaltigen Arrangements in subtiles Understatement gießt, niemals der aufgeblasenen Opulenz verfällt und das solide Songwriting so mit einer angenehmen Zurückhaltung aufwertet: Selbst eigentlich elaboriert wirken müssende Streicherszenen drängen die Komposition nie in die Ecke, sondern unterspülen sie liebenswert erhebend – Noah Georgeson (Joanna Newsom, Devendra Banhart) versteht sein Handwerk eben und harmoniert wunderbar mit der aktuellen Ästhetik von Williams.
Auch diese Symbiose ist es, die nach und nach doch Szene nachhaltiger hängen bleiben lässt. Gerade das schäkernde What‘s Chasing You ist etwa bereits ein absolut liebenswerter Hit, der durch ein nonchalantes Schlagzeug angetrieben die Diskrepanz aus weihevoller Melodik und pessimistischen Break-Up-Texten vielleicht so ideal übersetzt, dass selbst ein Jens Lekman nur von solch einer gefühlvollen Eingängigkeit träumen kann. Can I Call You beginnt dagegen wie ein tottraurig niedergeschlagener Gang zum Kreuze („Panic comes in waves/ Letters written every day/ Jealousy’s an awful/ Let her find her way to you/ Can I call you?„), doch das Piano und die Akustische klingen auf eine Weise mutlos, die man Williams nicht übel nehmen kann. Und der abschließende Titelsong hätte sich mit seiner imaginativen 60s-Ausstrahlung auch ganz wunderbar als Kopfkino-Soundtrack auf der Bühne der Bang Bang Bar in Lynchs Twin Peaks-Revival gemacht.
Vielleicht funktioniert das rundum nostalgische Material der Platte derart ausschnitthaft selektiert vielleicht ohnedies besser, als im Kontext seiner zu wenig erschöpfenden 39 Minuten Spielzeit. Denn dann scheitert das transportierte Ambiente weniger daran, tatsächlich emotional berühren zu können, als dass es Make Way for Love als Platte für gewisse Stunden vielmehr gelingt, trotz seiner bisweilen seichten Substanz schmachtend zu stimulieren.
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