Marissa Nadler – Bury Your Name
Resteverwertung klänge in diesem Fall deutlich zu hart, aber: Marissa Nadler versammelt auf Bury Your Name acht Songs, die im Zuge ihres aktuellen Studioalbums Strangers entstanden sind, es allerdings nicht auf die dunkel funkelnde Langspieler-Schönheit geschafft haben.
Wo Strangers immer wieder auch mit seinen subtil in den Gothic-Gesamtkontext eingewobenen Arrangements zu bezaubern weiß, präsentiert sich Bury Your Name zurückgenommener und spartanischer: Nadler hat die 26 Minuten dieser „companion piece„-EP zeitnah zu den Studiosessions des regulären Albums eingespielt, allerdings eben mehr oder minder in Eigenregie zuhause in Boston – also eine klassische Home Recordings-Platte. Die Trademark Nadlers destilliert, in reduziertem Licht in Szene gesetzt. Ihre so intim wie in anderen Sphären stattfindende Stimme, im Raum schwebende Gitarren und dahinter ein schier abgrundtiefes Universum aus trostloser Atmosphäre, geisterhafter Stimmung und endloser Melancholie: Mehr braucht es auf Bury Your Name zumeist nicht, auch wenn sich im Detail immer wieder Nuancen finden lassen, die aus der kargen Klanglandschaft auszubrechen scheinen.
High On the Road zupft sich etwa vor einem leise anschwellenden orchestralen (?) Hintergrund in die Elegie, I Don’t Want to Know verbindet Drone-Elemente mit kratzigen Western-Versatzstücken unter einem unglücklich romantischen Sternenhimmel. In Horsefly könnte sich eine Orgel versteckt haben, Sleeping in the Afternoon stellt vor viel Hall klar strukturierte Melodien und eine überraschend weiche Lalala-Leichtigkeit. Das ätherische Give Me Your Gun hingegen zeigt, wie feingliedrig und nahezu unmerklich ausbalanciert Nadlers Songwriting doch grundsätzlich ist und The Best You Ever Had klingt insofern gleich wie ein immer schon dagewesener, zeitloser Klassiker aus ihrem Repertoire.
Dass sich im skizzenhaft ausformulierten Verlauf dennoch etwas deutlicher als auf den so in sich geschlossenen Studioalben ein etwas zu gleichförmiger Fluss einstellt, manche Passagen zum Plätschern neigen und Bury Your Name das Wirken der Amerikanerin weniger erweitert, als es vielmehr fokussiert – all das sind gar nicht so sehr die relativen Mankos, die anhand dieser EP beschäftigen. (Sie alle verlieren sich ohnedies in der hypnotischen Anziehungskraft der Songs). Ein Beigeschmack bleibt viel eher deswegen, weil dieser Appendix nur in digitaler Form erscheint – Nadlers Musik aber gerade auch wegen ihrer Körperlosigkeit durchaus ein haptisches Gegenstück verdient hätte. Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt mit Bury Your Name einen wunderschön-unwirklichen Appendix zu einem der bezaubernsten Alben des Jahres 2016.
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