Marilyn Manson – One Assassination Under God – Chapter 1
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Wohl weitere Gerichtstermine als Kläger und Angeklagter vor Augen habend kehrt Marilyn Manson für One Assassination Under God – Chapter 1 nach (dem sein Bowie‘eskes Potential nicht freischaltenden) We Are Chaos zum Team hinter The Pale Emperor und Heaven Upside Down zurück.
Während Shooter Jennings aktuell auch so mit kontroversen Kollaborationen beschäftigt ist, bedeutet dies für Brian Warner eine neuerliche Zusammenarbeit mit Schlagzeuger Gil Sharone und mehr noch Tyler Bates, der von der Produktion über weite Teile des instrumentalen Gerüstes bis hin zum (Co-)Songwriting One Assassination Under God – Chapter 1 abseits des Gesangs praktisch im Alleingang stemmt.
Er hat Manson jedenfalls ein im besten Sinne souveränes, typisches Album auf den Leib geschneidert, das unspektakulär und abgeklärt jedoch auch eine relative Frische an den Tag legt, und sich zudem darauf fokussiert, das dichte Worldbuilding in seiner stimmungsvollen Tiefe als das eigentliche Highlight der Platte zu etablieren.
Zwischen dem enorm kompetent in die getragene Atmosphäre gelegte Klammer aus dem Titelstück-Opener (Manson rezitiert den düster gedrosselten Rock kaum erkennbar, der Goth hat Raum und Zeit) und dem mit Acoustic Gitarre zur großen Geste durchatmenden Sacrifice of the Mass wächst dieses und variiert das runde, phasenweise ein wenig zu bieder anmutende, kompositorisch aber vor allem reif und kaum auf spektakuläre Schock-Effekte ausgelegte Material seine Ausgangslage versiert.
Mal lehnt sich Manson der übergeordneten Stimmung folgend catchy (aber etwas zu lange) an Heart Shaped Box (No Funeral Without Applause) oder sucht mit Synths das Epische (As Sick as the Secrets Within). Nod If You Understand stampft aggressiver nach vorne gehend mit Biss und Feuer unterm Hintern (wobei gerade das Finale zeigt, dass der Sound mehr dreckige Gefährlichkeit vertragen hätte können), wohingegen das selbstreferentielle Sacrilegio
In Death Is Not a Costume wechseln die Synth-Strophe und der Alt Rock-Refrain ohne prägnanten Eindruck zu hinterlassen, doch wenn das Formatradio noch an Marilyn Manson Interesse hätte, wäre nicht nur der Poprock des gefälligen Meet Me in Purgatory oder (dem auf seine blamablen „Hey! Hey!“s verzichten hätte könnenden) Raise the Red Flag zuverlässige Kandidaten für die Rotation: dass die Vorabsingles von One Assassination Under God – Chapter 1 relativ erfolgreich waren, kommt nicht von ungefähr.
Auch wenn die Texte dabei den Hang zur selbtmitleidigen Nabelschau samt Märtyrer-Komplex anheim fallen, und One Assassination Under God – Chapter 1 auf emotionaler Ebene nicht restlos packt, weil das zwingende Momentum in der überlegten Herangehensweise fehlt, haben wir es hier neben The Pale Emperor eben doch mit dem besten Post-Holy Wood-Manson-Werk zu tun.
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