Many Eyes – The Light Age
Noch vor der Veröffentlichung des Debütalbums The Light Age ist die Geschichte von Many Eyes durch den Rausschmiss von Gitarrist Charlie Bellmore genau genommen sogar ein über zwei Brüder-Trennungen geworden.
Während die Aufarbeitung zwischenmenschlicher Themen im Umfeld von Keith Buckley zwei Jahre nach dem Ende von Every Time I Die sicherlich ein komplexeres Unterfangen darstellt, sind die Probleme der ersten Platte seiner neuen Band (die derzeit neben Drummer Nick Bellmore durch Bassist Sean Vallie und Gitarrist Craig Vittorio komplettiert wird) relativ offensichtlich und einfach zusammenzufassen.
Grundlegend an einem straighten Songwriting interessiert, nutzt (mit Ausnahme von des elektronisch unterspülten, ganzheitlich und rund den Alternative-Modus konkretisierenden Future Proof, dem balladesken Ruhepol Third sowie dem vom Klavier obligatorisch zur großen Geste aufmachenden Closer The Rainbow) wirklich jeder Song dieselbe strukturelle Schablone: an packend treibende, ebenso kompetent wie generisch das Metalcore-Chaos brav reitende Strophen hängt Buckley entlang einer risikofreien Produktion clean gesungene, enorm catchy daherkommende Refrains, die er meistens bis zur Übersättigung repetiert.
The Light Age ist damit viel durchsichtiger angelegt, als es sein müsste – es geht gefühlt stets den einfachsten Weg. Im Material steckt das Potential für wirklich gute Songs, sie sind aber von einer Band, die Buckley keine herausfordernden kreativen Reibungsflächen bietet, viel zu gefällig und vorhersehbar angelegt, gerade wenn man sie am Stück konsumiert. Musikalisch sticht kaum eine Idee markant heraus, die Riffs sind effektive Stangenware. Ein bisschen klingt das wie wenn Every Time I Die irgendwo zum Formatradio abgebogen wären, um auf unberechenbare Auslagenwechsel zu verzichten, oder ihre Ideen nicht mit Ecken oder Kanten in die Mangel genommen.
In dieser Kombination muss man sich nichts erarbeiten, dafür verliert der Baukasten schnell an Reiz.
Und dennoch: anbiedernd ist das nicht. Keith scheint vollends in dieser frontalen Zugänglichkeit aufzugehen. Mehr noch: Der 44 jährige singt vielleicht besser denn je – und liefert textlich ebenso viele Zeilen, die mit Instant-Hook-Qualität einfach hängen bleiben.
In Summe macht The Light Age insofern auch mindestens so viel Bock, wie es die gleich eingangs aufgefahrenen Singles versprochen haben: Revelation ist längst ein waschechter Ohrwurm, der länger bleibt, als er willkommen ist, und Mystic Cords („And I will not put dirt/ On a mass grave/ You have not been punished/ So you will not be saved“) galoppiert stromlinienförmig punkig. Der Mittelteil der Platte überzeugt sogar noch ein bisschen direkter, sobald Harbinger den Aggressionsgrad bissig attackierend nach oben dreht – wie das folgende Speechless (mit seinem Prancer-Zitat), (das fett rockende, klimpernde) Servant, Amateurs (samt Percussion-Liebäugeln) und Enough – aber an den der Schwäche des bagatellisierend eingebauten Refrains scheitert.
Mag die Fallhöhe für Buckley also auch immens sein, da er seine neue Spielwiese an einer makellosen Diskografie messen lassen muß, ist The Light Age als Ganzes dann doch eine Enttäuschung. Allerdings eine, die auch Zuversicht schürt: Eventuell hat die neue Band-Kosntellation ja die nötigen Eier, um ihren Weltklasse-Frontmann aus dem harmlosen Malen-nach-Zahlen-Komfortzone herauszuprovozieren.
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