Manic Street Preachers – Critical Thinking

von am 17. März 2025 in Album

Manic Street Preachers – Critical Thinking

Auch wenn der Erfolg im UK gegeben bleibt, plätschert der Releasetermin von Critical Thinking – des mittlerweile auch schon fünfzehnten Manic Street Preachers-Albums – in hiesigen Breitengraden gefühlt ohne große Aufmerksamkeit vorbei. 

Das haben sich Nicky Wire, James Dean Bradfield und Sean Moore nicht nur aufgrund von Resistance Is Futile (2018) und The Ultra Vivid Lament (2021) bei aller Liebe selbst zuzuschreiben. Nein, sie verstellen eingangs auch noch die Sicht auf Critical Thinking: Der eröffnende Titelsong – als eines von drei Stücken von Bassist Wire intoniert, stampft mit ödem Sprechgesang wie altbackener Gang of Four-Postpunk, der alles aufrührerische hüftsteif interpretiert -fällt stilistisch unpassend aus dem Rahmen und wirkt schlichtweg uninspiriert in seiner vagen Tendenz, die Komfortzone zumindest im Ansatz aufzuweichen.

Besser wird Critical Thinking paradoxerweise ausgerechnet ab jenem Moment, sobald es sich das Trio nach dem Einstieg im Wohlfühbereich der beiden direkten Vorgängerplatten gemütlich macht. Denn dort gelingen ihnen durch die Bank konstant eingängige Standards, die vielleicht nur deswegen emotional nicht wirklich packen, weil die Produktion von Dave Eringa einmal mehr bocköde ohne jedwede Ecken und Kanten auskommt. Weil die Gitarren zu glatt und die Rhythmussektion ohne Biss inszeniert ist, der kraftlos-dumpfe Sound aber wieder mit Hochglanz-Synths poliert auftritt.
Interessantere Facetten bekommz das Songwriting von Critical Thinking dermaßen gekleidet jedenfalls sicherlich nicht. Aber seine wiedergewonnene Trittsicherheit (die diesmal hinter dem Opener Hits ebenso auslässt wie Ausfälle) sorgt durchaus über den Erwartungen abliefernd für eine versöhnliche Wahrnehmung, erfüllt ein Bedürfnis nach zuverlässiger Vertrautheit. Und lässt, um es vorwegzunehmen, mit Fanbrille auch wertungstechnisch gerade noch aufrunden.

Da funktioniert das (vom Squeeze-Duo Difford und Tilbrook mitgetragene) ebenso flotte wie austauschbare Decline & Fall beinahe alle Baukasten-Anforderungen einer typischen Nummer-Sicher-Leadsingle und legt sich nahe des Fernsehgartens in die selbe wohlige Autopilot-Mulde wie das nichtsdestotrotz deutlich stärkere Brushstrokes Of Reunion. Die Manics geben sich dann mal entspannt (People Ruin Paintings) oder unaufdringlich und ruhig (Being Baptised), liefern ausnahmslos netten Poprock, der eingängig und vergänglich ist. Alles ist ein bisschen erhebend, wenig berührend, nichts überwältigend oder gar begeisternd. Hiding In Plain Sight konkretisiert die bluesrockigen Schattierung auf der Gitarre nicht weiter und schmiegt sich lieber an die verträumt-harmonische Unterstützung von Lana McDonagh. „And I wanna be in love / With the man I used to be“ singt Nicky Wire. Und genau so geht es einem eigentlich mit der seit nunmehr zehn Jahre dauernden aktuellen Karrierephase der Band auch als Fan.

Ein ähnlich gutes Sittenbild über den aktuellen Zustand der Manics stellt dann Dear Stephen dar – natürlich adressiert an Nickys alten Helden Morrissey, für diese Erkenntnis braucht es keine Dechriffriermaschine . „Dear Stephen, please come back to us/ I believe in repentance and forgiveness/ It’s so easy to hate, it takes guts to be kind/ To paraphrase one of your heartbreak lines/ I’ve been the boy with the thorn in his side/ I want you vivid in your prime“ heißt es da und die Manics sehnen sich mit sentimentaler Nostalgie zitierend nach der Vergangenheit, anstatt das hier und Jetzt in die Mangel zu nehmen. Damit kann man leben, ohne den Geschehnissen viel Aufmerksamkiet schenken zu müssen.

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen