Måneskin – Rush!
Satte 17 mal gelingt Måneskin auf Rush! das durchaus eindrucksvolle Kunststück, mit ihrem trivialen Glam Rock-Generikum gleichzeitig absolut aufdringlich zu belästigen und dabei trotzdem scheißegal zu bleiben.
Das wieder aufgewärmte Cover von Beggin’ hat in seiner nervtötenden Penetranz sicherlich abgehärtet, doch greifen die unerklärlicherweise gefühlt omnipräsent gewordenen Måneskin zwei Jahre nach Teatro d’ira – Vol. I auf ihrem Drittwerk bei aller Antipathie tatsächlich nur zweimal so richtig, richtig fies in die Gülle: die grottenschlecht aufreibende Belästigung Bla Bla Bla ist der fast absurde Tiefpunkt einer an textlicher Banalität nicht sparenden Platte, derweil Kool Kids den angedachten Zynismus rein auf eigene Kosten serviert und wie eine hochnotpeinlich dilettantische Karikatur zwischen Idles und Viagra Boys beschämt. Schwer zu sagen, welche dieser beiden Nummern die ärgere Vollkatastrophe ist. Fest steht aber auch irgendwie: schlimmer als hier wird das musikalische Jahr 2023 wohl kaum werden können.
Drumherum liefern die effekthaschenden italienischen Diskont-Rocker mit ihrem von einer namhaften Produzentenriege auf Hochglanz glattgebügelten Design aber durchaus solide ab – sollen all die etwaigen Plattitüden und Klischees notfalls einfach von der reißerischen Inszenierung überblendet werden, bei deren körperbetontem Einsatz sich die kompetenten Musiker notfalls auch gegenseitig heiraten, um nur ja irgendwelche Schlagzeilen zu generieren und davon abzulenken, wie unendlich bieder das auf musikalischer Ebene doch grundlegend alles ist.
Dabei zeigt doch eigentlich schon der Einstieg in Rush!, dass Måneskin an sich wirklich eingängige Melodien schreiben können. Dass das catchy wie nur was in die Gehörgänge eröffnende Hit-Trio Own My Mind, Gossip (in dem Tom Morello in einer Paarung für die Hölle das gefühlt gleiche Gitarrensolo wie wirklich immer beisteuert) und dem netten Timezone seine Hooks bis zum Erbrechen wiederholt, hat das Songwriting übrigens nicht exklusiv auf diese (und später in Form des dancepunkig flotten, aber ohne entsprechenden Chorus auskommenden Don’t Wanna Sleep oder Read Your Diary fortgesetzten) potentiellen Chart-Garanten beschränkt: auch solide Bandstandards (also arg kantenlose 08/15-Bagatellen) wie Baby Said, das verkrampft epische Stimmung machen wollende, pseudofeurige Gasoline, oder das den Hedonismus und sexuelle Freizügigkeiten symptomatisch für den sonstigen MO als Krücke nützende Feel repetieren übersättigend und bleiben inhaltlich unangenehm. Kurzweiligkeit wird da verdammt reativ.
Im zu langen Verlauf von insgesamt 53 Minuten tut es Rush! insofern gut, dass Måneskin im letzten Drittel geradezu willkürlich eine Stafette aus italienisch gesungenen Songs einstreuen – primär, weil es (gerade in der endlos laufenden Franz Ferdinand-Kopie La Fine und dem unausgegoren nicht zum Punkt findenden, aber versöhnlich unaufdringlichen Il dono della vita) einfach angenehm ist, die debilen Texte einmal nicht verstehen zu müssen. Aber vor allem Mark Chapman wirkt so tatsächlich weniger gestelzt als seine englischsprachigen Nachbarn, macht – ohne auch nur ansatzweise originell zu sein, denn dies kann man der Band wirklich zu keinem Zeitpunkt vorwerfen! – mehr Spaß als das meiste hier, weil die zur Schau gestellte Spielfreude ausnahmweise authentischer wirkt.
Noch besser sind allerdings – wie immer schon bei der Band, deren Rock höchstens endorphininduzieren
Dass raus mit Mammamia (praktisch ein aufgewärmtes Gossip) und dem die Formatradio-Schnittstelle aus Red Hot Chili Peppers und Portugal. The Man suchenden Supermodel zwei langweilige Abziehbilder der immer gleichen Masche die Platte komplett austauschbar beschließen, ist da den Bogen allerdings nur konsequent abrundend: In der Summe der Dinge ist Rush! einfach das schlüssige Produkt (!) einer der schrecklichsten Bands dieser Tage.
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