Manchester Orchestra & O’Brother / Thrice – Split
Wie nahe die Freude an guter Musik, der abgrundtiefe Ärger über deren physische Verfügbarkeit und den resultierenden Preiswucher auf Ebay und Co. liegen können führen Andy Hull samt seinem Manchester Orchestra und zwei befreundeten Bands vor.
Wer sich schon Hull’s letztjährige Solo-Großtat ‚The Church of the Good Thief‚ ins Regal stellen wollte und ob der limitierten Auflage durch die Röhre blicken musste, wird sich vermutlich auch diesmal die Zähne verärgert zusammenbeißen. Doch alles der Reihe nach:
Während Manchester Orchestra mitten in den Aufnahmen ihres zweiten Albums ‚Everything to Nothing‚ steckten und Mastermind Andy Hull den befreundeten O’Brother (‚Garden Window‚) bei deren ‚The Death of Day‚ aushalf, entstand aus einer während der Proben gespielten Jux-Pianolinie schnell die fixe Idee No Doubt’s Durchbruchs-Klassiker ‚Don’t Speak‚ ernsthaft zu covern. O’Brother wurden schnell involviert, und plötzlich spielten da knapp 10 Musiker mit der Intention „die beste Stonerrock-Version des Songs einzuspielen, die existiert“ eine exzessive Jamsession ein. Ungefähr so klingt das Ergebnis nun auch, bringt die Vorzüge der beiden Bands in seinen 14 Minuten Spielzeit (eine 23 Minuten-Version wurde verworfen – war dann eben doch zuviel des Guten) unter einen Hut, mehr noch: die beiden Bands spielen sich regelrecht in einen Rausch, von dem melancholisch reduzierten Rockballaden-Beginn (gehört Hull) bis zur tonnenschweren Walze von der Mitte hinaus (geprägt von O’Brother) ist es nur ein kurzer, vollkommen natürlicher Weg. Bläst einen das Ergebnis beim ersten Mal förmlich um, wächst sich das vordergründig auf den Text und die Melodie des Originald stützende Covernummer schnell zu einem eigenhändigen Songmonolithen mit intensiven Spannungsbogen aus.
Dennoch verschwand die spontane Großtat vorerst im Regal – bis O’Brother und Manchester Orchestra 2009 eine gemeinsame Tour mit Thrice bestritten und die Idee nahe lag mit den Szene-Ikonen aus Kalifornien eine gemeinsame Splitsingle zu basteln. Gesagt, getan – die bekennenden Beatles-Verehrer Thrice steuerten eine ihrer zuvor bereits oftmals verschenkten Tribute an die Fab Four her, in diesem Fall den visionären Geniestreich ‚I Want You (She’s So Heavy)‚: eine sich nahe am Original bewegende, im ausufernden Ende verkürzten Interpretation mit Gesangsloops im Refrain und harten Gitarren; eine die Schwere des Originals damit ansatzweise in den Metal ziehende Verbeugung, die freilich kein Licht gegen das Original sehen kann und auch gegen den Manchester Orchestra/O’Brother-Auftritt geradezu unscheinbar wirken muss. Dass hier aber zumindest große Handwerkskunst mit dem richtigen Gespür für den Song an sich betrieben wird, dazu das gewisse Etwas kommt, das die beseelten Musiker Thrice in jeden ihrer Song stecken, sollte nicht unter den Teppich gekehrt werden. Nach dem Abschieds-Live-Album ‚Anthology‚ jedenfalls schon die nächste Erinnerung, wie schmerzlich Thrice bereits jetzt vermisst werden.
Grundsätzlich wäre die am 25. Jänner über den Manchester Orchestra eigenen Onlinestore vertriebene, so lange hinausgezögerte Veröffentlichung dieser Splitsingle also eine reine Freude – wäre da eben nicht die Eingangs erwähnte Sache mit der Verfügbarkeit. Von den dereinst gepressten 500 Stück der Vinylausgabe gingen bis zum Verkauf ohnedies bereits gut hundert Stück verloren – und nachdem der Rest um 15.00 Uhr Ortszeit in den Onlinestore ging, war das begehrte Stück nach gefühlten 20 Sekunden auch schon ausverkauft; gäbe es offizielle Messungen, würden diese sicherlich eine noch raschere „Sold Out“-Mitteilung verzeichnet haben. Den richtig miesen Beigeschmack bekommt die Enttäuschung leer ausgegangen zu sein allerdings durch die Tatsache, dass die Splitsingle keine 15 Minuten nach Verkaufsstart bereits auf Ebay und Co. gelistet wurde und seitdem regelmäßig um realitätsfremde Summen in dreistelligen Bereich die Besitzer wechselt.
Wer die Versionen von ‚Don’t Speak‚ und ‚I Want You (She’s so Heavy)‚ hören will, braucht also entweder eine reichhaltige Geldbörse – oder begnügt sich mit entsprechenden YouTube-Videos bzw. durchforstet entsprechende Musikforen nach adäquaten, von der Band abgesegneten („We hope those of you who get a vinyl can help share the musical love. If SOMEHOW in this digital age, the mp3 somehow mysteriously appears… its alright with us„) MP3-Rips. Einen offiziellen Download wird es aufgrund lizenztechnischer Gründe nämlich keinen geben. Eine Nachpressung der Single leider ebenso wenig.
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