Manchester Orchestra – Cope
Die Schlichtheit des Artworks nimmt es bereits vorweg: Manchester Orchestra haben jeden Ansatz von Bombast über Bord geworfen und konzentrieren sich auf eine neu gefundene Kompaktheit. ‘Cope‘ ist das harte, fokussierte Gitarrenrockalbum der Band geworden, das Gelingen der Ambition “ein Anti-‚Simple Math‘ aufzunehmen“.
Während ihre Songs also mittlerweile gar bei der Oscar-Verleihung laufen (‚After the Scripture‚ findet sich auch auf der iTunes-Version der Platte) verabschieden sich Manchester Orchestra auf ihrem vierten Studioalbum von aller Üppigkeit und ziehen die Zügel in jeder Hinsicht enger: Streicherpassagen finden auf ‘Cope’ ebensowenig Platz wie allzu versöhnliche Streifzüge, nur ein Song knackt mit Mühe die 4 Minuten Marke, kaum einer will auf böse bratzende Gitarrenwände verzichten. Andy Hull hat Songs geschrieben die mit weniger auskommen aber dafür schneller auf den Punkt finden, Textpassagen selbstsicher wiederholen und überhaupt zu jedem Zeitpunkt Manchester Orchestra drückender, dichter, kompakter und im Detail brodelnder als aggressivere Einheit beschwören: “unrelenting and unapologetically heavy 38 minutes of rock“. Stimmt so mehr oder minder.
Die Arbeit mit O’Brother an ‘Garden Window‘ und der gemeinsamen No Doubt-Verneigung hat hörbar ihre Spuren hinterlassen, mehr noch aber wirkt ‘Cope’ wie eine Übersetzung von ‘Dislillusion‘ ins kompaktere, Hit-tauglichere. Denn mag ein ‘Top Notch‘ noch so kratzend hinter seinen Riffs nachtreten oder der Titelsong mit walzender Schwere am Alternative-Doom entlangbraten: ‘Cope‘ verzichtet zu keinem Zeitpunkt auf diese typischen Andy Hull-Melodien, die am steten Sprung zur weltumarmenden Hymnik stehen, mag sich die Band auch Mühe geben diese immer wieder mit einer enorm wuchtigen Wall of Sound zu überragen. Das in Eigenregie gestemmte Werk lässt damit ein wenig die Dynamik und Wandelbarkeit vorangegangener Arbeiten vermissen, sowieso die stilleren Momente der Einkehr (aber es gibt ja noch Right Away, Great Captain! oder auch Bad Books), komprimiert Spannungen mit einer Gleichförmigkeit (selbst das über weite Strecken zurückgenommene ‘Indentions‘ geht letztendlich in die Breite) und nach dem Muster: in der Strophe sauber auf den Takt gackernd, dafür den Chorus umso fetter mit mächtigen Cinemascope-Powerchords aufladen.
In gewisser Weise ersetzt auf ‚Cope‚ also doch nur eine Art der inszenatorischen Überladung die anderen, unterhält mit stets im roten Lautstärkebereich agierenden Alternative Rock aber auch durchaus unmittelbarer als seine drei Vorgänger. Dazu näher am Stadion. ‘Choose You‘ ist so ein Song, den Jimmy Eat World neben ‘Big Casino‘ auf ‘Chase this Light‘ hätten packen sollen, immer wieder klingt ‘Cope‘ als hätten Band of Horses Ambitionen Thrice und Brand New gleichzeitig zu supporten. Mit kurzweiligen, straighten Ohrwürmern wie dem rasanten ‘Every Stone‘ etwa, oder dem episch aufgeladenen ‘See it Again’ und ‘Trees‘ als hochvolumige Badass-Version von ‘Sweet Dreams‘. ‘The Mansion‘ bremst sich selber aus bevor es sich einen Höhepunkt gönnt, während der Beziehungsgesang ‘Girl Harbor‘ zur Mitte hin förmlich explodiert. Nicht immer gelingt derartiges. Dass etwa vor allem der Titelsong wirkt, als würden Manchester Orchestra sich selbst stets zu früh in die Schranken verweisen und mit dem Verzicht auf Opulenz abseits ihrer wahren Natur selbst geißeln, macht dann aber auch einen Teil des durchaus ambivalenten Reiz einer Platte aus, die zukünftig als erste Wahl durchgehen wird, wenn es darum geht sich die Dosis Manchester Orchestra– Endorphin am direktesten in die Gehörgänge zu spritzen.
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