Macy Gray – Covered
Der große Durchbruch der Macy Gray ist nun auch schon wieder sage und schreibe 13 Jahre her – die letzten wahrhaftigen Welthits der als Natalie McIntyre geborenen Ausnahmestimme beinahe ebenso lange. ‚Covered‚ borgt sich deswegen dem Namen entsprechend große Songs aus, um dem Fall in die Vergessenheit entgegenzuwirken.
‚Try‚, diese unverschämt eingängige Single vom 1999er Debütalbum ‚On How Life Is‚, kann vermutlich heute noch jeder aus dem Stand mitsingen, die Nummer verwelkt nicht. Danach kam für die breite Öffentlichkeit freilich nicht mehr ganz so gehaltvolle Kost nach: Zwei Jahre nach dem Durchbruch hatte Gray ‚The ID‚ am Start und diese mit ‚Sexual Revolution‚ eine funky Prince-Verneigung und das ramantisch kitschige ‚Sweet Baby‚ als insgeheim beinahe ebenso potente Singles an Bord. Haben schon weniger Leute mitbekommen, ebenso, wie dass ‚Time of My Life‚ ein Jahr darauf eine wirklich catchy Kinderchor Rührnummer war. Wieviele Songs von Macy Gray sind seit nun beinahe zehn Jahren aber trotz qualitativ zumindest halbwegs ordentlicher Alben tatsächlich im kollektiven Gedächtnis hängen geblieben? Eben.
Wohingegen: ‚Here Comes The Rain Again‚ von Eurythmics. ‚Creep‚ von Radiohead. ‚Nothing Else Matters‚ von Metallica. Das sind Songs für zumindest die Ewigkeit – und die Kombination einer wahrlich mutigen Songauswahl zwischen Indierock-Lieblingen und zeitlosen Klassikern sowie Grays immer noch signifikanter Stimme geht dann auch auf, sogar besser als zu erwarten. Vordergründig allerdings wegen der außergewöhnlichen Arrangements im stimmungsvollen Soundgewand, die jedwede billige Effekthascherei umschiffend charmant eigenwillig daher kommen. Grays Neuinterpretationen gelingt dabei der Ritterschlag einer jeden Cover Platte: Das muß nicht unbedingt besser sein als das Original, diesem aber neue Facetten abringen und im besten Fall schlicht nicht überflüssig zu sein.
Das eröffnende und kaum wiederzuerkennende ‚Here Comes the Rain Again‚ macht dies alleine mit tiefdunklen Synthies und Grays Stimme, marschiert ohne Trennstrich zum Radiohead Selbsthass-Klassiker weiter und baut erst nach und nach das Instrumentarium aus: das Klangbild ist abgründig, der Song resigniert, die Gitarre haben nichts aggressives, das ist Verzweiflung ohne Rasierklingen: Wave Pop aus dem Abgrund des Industrial. So reihen sich die grundverschiedenen Songs erstaunlich homogen aneinander. Der Pianokindergeburtstag ‚Teenager‚ von My Chemical Romance und das auf sein wesentliches funky Grundgerüst reduzierte ‚Nothing Else Matters‚ nehmen sich da nichts, der Funk von ‚Two Joints‚ rüttelt mit nachdrücklicher Rhythmussektion ordentlich durch. Die Yeah Yeah Yeahs Wahnsinnstat ‚Maps‚ hetzt spastisch von Tempoänderung zu Tempoänderung, bleibt wie vieles auf ‚Covered‚ gewöhnungsbedürftig, aber in seiner stimmungsvollen Konsequenz überzeugend, vor allem, wenn Gray schwungvollen R&B mit reichlich Funk und in seiner Zurückhaltung massiv funktionierenden Groove beimengt.
Dass Macy auch den Blues beherrscht, zeigt spätestens das entweder von Nina Simone oder Kanye West bekannte ‚Love Lockdown/Buck‚, das von Arcade Fire geborgte ‚Wake Up‚ gäbe den optimalen Schlusspunkt. Wäre da nicht der permanente Drang, vollends unpassende und den Spielfluss störende Skits einzubauen. Das geht im 30 sekundigen Hip Hop Sprengsel von ‚The Power of Love‚ noch gut, bei ‚I Try Is Cool and All, But‘ mit Pussycat Doll Nicole Scherzinger und vor allem dem leidlich humorvollen ‚Really‚ bei aller aufgesetzten Selbstironie und Seitenhieben vollends in die Hose. Unnötiges Füllmaterial, das bestenfalls beim ersten Durchgang ein Schmunzeln abringt – auf einer ansonsten durchwegs gelungenen R&B Sicht auf die Rock- und Popmusik der letzten zwanzig Jahre. Und bevor man es vergisst – einmal gelingt es Gray dann tatsächlich doch noch, ein Original zu überflügeln: ‚Bubbly‚ gelingt famos als melancholisch treibender Melancholiefluß, erhabener als Colbie Cailllats Urversion von 2007. Was übrigens nicht daran liegt, dass Stringer Bell alias John Luther alias Schauspielhühne Idris Elba mitwirkt. Viel eher daran, dass Gray nach wie vor eine tolle Musikerin wäre. Der in den letzten Jahren einfach die guten Songs gefehlt haben. Auf ‚Covered‚ schafft die Dame aus Ohio auf ihre Art Abhilfe. Nun helfe man der Frau auch endlich dabei, wieder gute Original-Songs zu singen!
[amazon_link id=“B006ML50JM“ target=“_blank“ ]CD auf Amazon[/amazon_link]
Kommentieren