Long Home – Balloon

von am 3. April 2020 in Sonstiges

Long Home – Balloon

Während sich Daughters nach ihrem triumphalen Comebackalbum You Won’t Get What You Want aus dem Jahr 2018 aktuell auf Compilation-Beiträge und Spielwiesen für isoliert/kreative Fans beschränken, konzentrieren sich die einzelnen Mitglieder der Band auch auf Soloprojekte wie Long Home.

Nicholas Andrew Sadler hat 2019 eine Demo aufgenommen, die seinem neuen Projekt nun also den Namen gibt. Vor knapp einem Jahr war Long Home als Instrumental-Track das Grundgerüst für einen anachronistisch in die 80er blickenden Pop-Rohbau; eine erst bedächtig nach vorne gehende, rhythmisch langsam aufmachende, mal lauernde und mal stampfende Verbeugung vor The Cure und Don Henley, in der die Gitarre auch sehnsüchtig auf Reisen gehen darf.

Damit hat Balloon kaum noch etwas zu tun, der erste Song unter dem Banner Long Home schlägt in andere Kerbe. Eine nahbar und intim gezupfte Fingerpicking-Gitarre bestimmen das Szenario, das man so eher am Lagerfeuer von Jay Jayle oder Emma Ruth Rundle erwarten würde, melancholisch und zwischen Hoffnungsschimmer und Trauer sinnierend. Sadler alias Long Home wechselt zur Mitte hin relativ abrupt das Tempo, schiebt den bis dahin nur erahnbaren Gallup‚esken Bass mit unendlicher Geduld weiter nach vorne und addiert auch retrofuturistische Vintage- Synthies, die sich wie eine Space-Version von Black Mountain über das kontemplative Geschehen legen, den Song an der Hand nehmen und ihn in eine ruhige Aufbruchstimmung führen.

Aufregend ist das alles dennoch nicht unbedingt. Freilich sollte man Balloon ohnedies nicht überbewerten, da die Nummer merklich eben nur eine erste Skizze ist, kein restlos ausformulierter Song. Unentgeltlich via Bandcamp verteilt müssen sich die viereinhalb Minuten deswegen auch eigentlich keineswegs die Kritik gefallen lassen, dass das Ergebnis nicht sonderlich vielschichtig geraten sind, die Atmosphäre zu dünn für eine nachhaltige Tiefgründigkeit ist, und es grundlegend wenig zu entdecken gibt.
Selbst als Fan muß man Sadler deswegen nicht unbedingt am Entstehungsprozess hin zu einem folgen könnenden, vollständigen Album begleiten, obwohl es sicherlich interessant zu sehen sein wird, wohin ihn dieser Weg führen könnte – die Demo hat Potential und macht Lust auf mehr. Long Home scheint jedenfalls (trotz einer ähnlich stark referentiell-eklektisch veranlagten Prägung wie Daughters) kein Interesse an den nach Elektronik und Keyboards klingenden Gitarren von You Won’t Get What You Want, dessen hedonistischem Exzess und selbstkasteienden Gefahr zu haben, sondern ein ausgleichendes Durchatmen im relativen Erholungsmodus anzuvisieren. (Weswegen das anstehende Solodebüt von Alexis Marshall an sich auch pe se faszinierender zu werden verspricht).

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