LITE – Installation
Die Zukunft, die LITE auf der letztjährigen, herausragenden ‚Past, Present, Future‚-EP mit dem Múm-affinen, ätherischen Gesang von Mice Parade-Stimme Caroline Lufkin in Aussicht gestellt haben, findet auf ‚Installation‚ (leider) nicht statt. Mit dem anhaltenden Bestreben sich nach dem Zenit ‚Phantasia‚ weiterzuentwickeln haben die Mathrock-Könige aus Fernost wieder ein ebenso vielschichtiges wie kurzweiliges Album geformt.
Mit ‚Bond‚ wird hingegen ausgerechnet der typischste LITE-Song von ‚Past, Present, Future‚ auf ‚Installation‚ wiederverwertet: eine knapp drei minütige, technisch atemberaubende Mathrock-Machtdemomanstration. Dass beherrschen die vier Japaner wie kaum jemand sonst, aber eben: das ist ihnen seit ‚Phantasia‚ doch auch zu wenig. Wiederholen sollen sich andere. Gut so, sind die Grenzen im klassischen Mathrock doch seit 2008 für LITE gefühltermaßen ausgelotet. Ab dem inspirierenden (man Frage nur And So I Watch You From Afar, ob sie für ‚All Hail Bright Futures‚ jemals ‚Pirates and Parakeets‚ gehört haben) ‚For All the Innocence‚ weiß das Quartett aus Tokio ja auch, wie man nicht nur mit elektronischen Elementen umzugehen hat und auch das Instrumentarium auf breiterer Basis auffächert. ‚Installation‚ greift deswegen nur zu gerne den beherzten Faden des über die Jahre gewachsenen dritten Studioalbums auf und spinnt diesen munter im Detail weiter.
Die Grundlage des vierten Studioalbum stellen so auch diesmal die traditionellen Lite-Grundpfeiler – zwei Gitarren, die so kontrolliert wie hyperaktiv ineinander verzahnt jonglieren, ein nimmermüde darum herum rotierender Bass sowie ein Duracell-Schlagzeug unter Speed: hochkomplexer Mathrock eben, wie er virtuoser und unterhaltsamer kaum sein könnte. Um eine progressive Wahnsinnstat wie ‚Hunger‚ derart unverkopft aus der Hüfte zu stemmen gehört einiges, so poppig wie LITE das gackernde Riff über gefühlte tausend Rhythmus-Hürden hechten lassen ist das dann aber noch eine zusätzliches Freude. ‚Fog Up‚ ist ein endcool groovender Bass-Schaulauf samt niemals stillsitzenden Gitarren und tanzendem Klavier. Überhaupt haben die Japaner für ‚Installation‚ noch mehr Gefallen an dem Tasteninstrument gefunden: ‚Echolocation‚ lässt ein solches im jazzigen Lounge-Modus durch die Hotellobby bis zu seinem melancholischen Joe Hisaishi-Moment gleiten, ‚Starry Night‚ baut einen ebensolchen sogar derart aus, dass er so stimmig zum Baumgeister-Szenario von Mononoke Hime passen würde, wie sonst nur das verzaubernde Artwork von ‚Installation‚.
Und natürlich sind da auch wieder überall Auswüchse der Elektronik-Vorliebe der Band zu finden. Geradezu subtil in ‚Subaru‚, einer mystischen Spielhallen-Abfangjagd mit einem urlaubsreifen Sonic The Hedgehog in der Hauptrolle. Dass das allerdings auch weniger zurückhaltend geht zeigen Lite im Mittelteil der Platte. Der Bass rumort in ‚Alter Ego‚ bestialisch, die Gitarren hallen mit viel Echo in der superb druckvollen Produktion, irgendwann drücken die Synthies in bester (diesmal wirklich) ‚Turns Red‚-Manier so nachgeblich, dass LITE plötzlich mitten drinnen in der Techno-Feieraufs Gaspedal steigen und für ein irrwitziges Feuerwerk sorgen. ‚Between Us‚arbeitet mit stockenden Digi-Beats und weiten Synthieschwaden, in denen LITE ihre Vision von Post-Dubstep und Gang Gang Dance ausbreiten. Wenn die Akustikgitarre sommerlich tröpfelt und Ausläufer im perlenden Klavierspiel und dem monströsem, organischen Schlagzeugspiel von Ausnahmeerscheinung Akinori Yamamoto wird das nicht nur den Kollegen von Toe gefallen, sondern wohl auch Mount Kimbie begeistern. ‚Installation‚ wagt sich hier noch ein Stück weiter hinaus aus den ohnedies nur wagen Grenzen, die für die Japaner gelten, konzentriert die graduelle Weiterentwicklung im abwechslungsreich nach vorne gehenden Spielrausch aber zusätzlich. Spätestens wenn ‚Bond‚ direkt im Anschluss an ‚Between Us‚ die Perspektiven jedoch wieder euphorisch gerade rückt stehen Lite neben Battles und einigen wenigen anderen ohnedies abermals alleine auf weiter Flur des Mathrock.
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