Linkin Park – From Zero
Nach rund sieben Jahren Pause haben die personell neu formierten Linkin Park mit From Zero das Nummer-Sicher Album aufgenommen, das man seit Meteora zu vermeiden versucht hat.
Man muss von den Resultaten sicher nicht diskussionslos begeistert gewesen sein, doch konnte man der Band während ihrer ersten Existenzphase durchaus zugute halten, dass sie sich nur einmal – nämlich 2003 – allzu professionell auf den Lorbeeren ihres Megaseller-Debütalbums Hybrid Theory ausruhen wollten. Danach aber versuchten Linkin Park – sei es nun durch klareren Alternative Rock hier, mehr Elektronik da, perspektivenkorrigierende Gästen oder polarisierenden Zeitgeist-Pop – durchaus, sich stets neu zu erfinden.
Auf diesen Aspekt verzichtet From Zero nun vollkommen. Tatsächlich schalten Linkin Park sogar in einen weitestgehend risikofreien Selbstplagiat-Modus, fassen eher alles bisher dagwesene bündig zusammen, als den Neuanfang auch in kreativer Hinsicht auszurufen. Der Umstand, dass die Gruppe rund um die Kern-Mannschaft Shinoda, Delson, Hahn und Farrell mit Drummer Colin Brittain (anstelle von Rob Bourdon) und Dead Sarah-Sängerin Emily Armstrong am Mikro eine neue Besetzung erfahren hat, muss genügen. Man will die Fan-Basis ja nicht auch noch durch etwaige stilistische Herausforderungen reizen. Weswegen From Zero so sehr Komfortzone ist, wie es wohl nur möglich ist.
Die unerwarteten, ungemütlichen Vorwürfe, dass ihre Neo-Frontfrau den Scientology-Buddy Danny Masterson bei dessen Vergewaltigungsprozessen unterstützt und später unter anderem auch Cedric Bixlers Hund vergiftet haben soll, untertauchten Linkin Park mit einer kollektiven Vogelstraußtaktik jedenfalls ähnlich erfolgreich, während die Rechnung generell ansatzlos aufgeht. Williams füllt ihre Rolle (bei alten und neuen Songs) ideal aus, weil die als weitestgehend deckungsgleicher Ersatz für Chester Bennington agiert – auch wenn ihr das nötige Charisma in der Stimme subjektiv noch (?) fehlt und ihre schreienden Passagen phasenweise doch zu bemüht wirken -, ohne sich durch ihr Geschlecht jedoch zwangsweise mit ihrem Vorgänger vergleichen lassen zu müssen.
Mag man die Wahl der 38 jährigen aus moralischen Gründen auch mindestens ambivalent und fragwürdig finden, ist sie aus marktwirtschaftlicher Sicht eine bestechend schlaue Entscheidung. Und in jeder anderen eine durch und durch funktionelle.
Das über sein Intro (und den Abspann) wie eine Endlosschleife angelegte From Zero geht in seinem treffsicheren Risikobewusstsein so gerade in der Eingangsphase absolut auf Nummer Sicher. The Emptiness Machine ist von den Hooks über die Struktur bis zu den Texten ein so typischer, generischer Standard und damit catchy daherkommender Linkin Park-Ohrwurm. Cut the Bridge geht im Aufkochen der Nostalgie mit weiblichem Twist sogar noch weiter und bietet ein halbgares Bleed it Out-Dacapo, sofort eingängig und ermüdend simpel, bevor Heavy is the Crown als Faint-Variation ein unschlagbarer Hit ist.
Damit holt From Zero unmittelbar ab, macht kurzzeitig Spaß und langweilt denoch schon mittelfristig, weil die selbstplagiierende Formel am Reißbrett mit ein bisschen Abstand einfach zu reizlos ist.
Danach fächern Linkin Park ihr Comeback zwar etwas variabler auf, sind sowieso Profis genug für ein kurzweiliges Sequencing und Pacing – auch wenn der zweiten Plattenhälfte mit der kontemplativen Hip Hop-Ruhepause Overflow, dem potentiell zum Song Contest polternden Clusterfuck Stained und dem routinierten Standard IGYEIH (ein Akronym für I Give You Everything I Have) doch merklich die Luft ausgeht.
Das den soliden Stadion-Pathos im Poprock halbwegs gut dosierende Over Each Other darf jedoch ausnahmsweise von Armstrong getragen werden und besteht die Qualitätsprüfung, Casuality ist metallischer angelegt und hätte mit seiner Helmet kopierenden Strophe und dem punkigen Refrain auch auf The Hunting Party gepasst. In Two Faced rettet ein schmissiger Chorus die One Step Closer‚eske-Stangenware. Und die nette Pop-Ballade Good Things Go sorgt für einen versöhnlichen Ausklang aus einem Album, das inhaltlich und ästhetisch weitestgehend agiert, als hätte eine mit der bisherige Linkin Park-Diskografie gespeiste AI den reibungslosesten Ansatzpunkt für die Wiederaufnahme der ruhenden Karriere berechnet. Die Halbwertszeit davon ist mangels interessanter Ecken und Wachstum ermöglichender Kanten oder einer eigener Identität zwar arg überschaubar, doch überzeugt das Ergebnis doch über den Erwartungen – indem es gut ein halbes Duzend an veritablen Kandidaten für die nächste Single-Sammlung parat.
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