Le Butcherettes – Don’t Bleed
bi/MENTAL mag im vergangenen Jahr eine ziemliche Hit-or-Miss-Expedition gewesen sein, hat aber auch gezeigt, dass der Einschlag zu einer größeren Mainstream-Tragfläche keine schlechte Idee für die Entwicklung von Le Butcherettes ist. Don’t Bleed konkretisiert die These sogar.
Dass dieser Weg von Le Butcherettes ausgerechnet auf dem (ehemaligen) Metal-Label Rise Records beschritten wird, hat da irgendwo Symbolcharakter – beide Parteien versuchen in jüngerer Vergangenheit merklich ihre jeweiligen Horizonte zu erweitern und sich einem größeren Publikum zu öffnen.
Don’t Bleed als Katalysator entfernt Teri Gender Bender und ihre Band dabei nahezu gänzlich von den punkigen Garage-Anfängen, selbst der zum Blues klampfende Lo-Fi-Einstieg mit Wounds Belong to Me ist letztendlich eine falsche Fährte. Le Butcherettes domestizieren ihren Sound hier über knapp 20 Minuten Spielzeit vielmehr zum Indierock und Pop, zu latenten 80er-Einflüssen und gar zu R&B-Versatzstücken – das abschließende Boom wird seine Melancholie etwa über eine minimalistisch schnipselnde Downbeat-Elektronik verströmen.
Out for You steigt dagegen betont straight und simpel ein, zündet über den ansteckenden Refrain sofort als Ohrwurm. Die Texturen aus verträumt perlenden Gitarren und Keyboarde folgen dem zusammenhaltenden Rhythmus als elementare Ingredienz – nicht immer agierte Gender Bender zudem derart zweckdienlich im und für das Songgeschehen.
Der Quasi-Titelsong Don’t Bleed You’re in the Forrest lauert entschleunigt auf der Synthwave-Tanzfläche, abgedämpft und unaufgeregt, wandert wie in Trance durch eine nebulöse Lounge und findet beinahe ein chantendes Ende, bevor das verführerische Now I Know so catchy zeigt, dass die Zappeligkeit der Band mittlerweile keiner nervöse Ästhetik mehr bedarf, sondern gar mit unschuldigen Funk-Nuancen flirten darf. Don’t Bleed ist insofern stilistisch sicher auch Reflexion der Einflüsse der vergangenen Jahre, destilliert diese aber mit eigenwilliger Handschrift, vergisst nicht auf Substanz und Charakter.
Das orientalisch angehauchte Tunisia badet deswegen vergänglich in der Psychedelik und Love Someone hätte mit einer anderen, weniger somnambul-sehnsüchtigen Stimmung und lyrischen Komponente schon beinahe tropikal gelöster Yacht-Pop sein mögen.
Für Puristen könnte Don’t Bleed in dieser keineswegs rauhen oder giftigen Form deswegen auch zumindest einer unangenehmen kleinen Irritation gleichkommen. Keine Angst vor einer gewissen Glätte und gefälligen Bekömmmlichkeit zeigend, findet das Songwriting hinter der angestammten Geschlechterfragen-Thematik (diesmal primär eine Auseinandersetzung mit dem Thema Menstruation) als konzeptuellen Hintergrund jedoch für die Komponistin Gender Bender zu einer ganz neue Sicherheit für Melodien und Eingängigkeit, transportiert die Inhalte subversiver und stellt die Reibungspunkte gerade deswegen auch kontrastierter und unerwarteter auf – Zeilen wie „And i say/ I’ve been masturbating/ Thinking of no one at all“ funktionieren in diesem Kontext konfrontal, auch ohne aufgeklebte Schnurrbärte.
Die Musik gewinnt (selbst ohne einen übergreifend restlos schlüssigen Gesamtfluss zu erzeugen) unter den zurückhaltenden, bisweilen sanft und reduziert inszenierten Umständen an Gewicht, muß nicht primär als Mitten zum Zweck für die starke Persönlichkeit und Attitüde der Le Butcherettes-Frontfrau agieren. Mehr unkomplizierten Spaß konnte man deswegen auch tatsächlich noch nicht am Schaffen dieser – nicht kantenloser werdenden, sondern wachsenden – Band haben.
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