Lana Del Rey – Ultraviolence
Bereits der Titel des 3. Studioalbums von Lana Del Rey, an dem Black Keys-Mastermind Dan Auerbach kräftig mitwirkte, verspricht einiges. Er deutet auf mehr Krawall bzw. Lautstärke hin und führt den Hörer damit in die Irre. Der Sound von Lana Del Rey hat sich nicht grundlegend geändert, lediglich die Synthie-Beats wurden gegen ein Schlagzeug getauscht und mit einem sanften Streicher- und Gitarrensound verfeinert. So bleibt alles beim Alten und dennoch schön, verträumt, bezaubernd, dramatisch – ganz Lana.
Im namensgebenden Song des Albums zitiert Lana, die nicht nur in ihren Songs gerne Zitate versteckt, sondern selbst eines darstellt, einen Song, der bereits in den 1960ern provozierte und in der Vergangenheit von Hole bis Grizzly Bear gecovert wurde, He hit me (and it felt like a kiss). Lana haucht es so authentisch ins Mikro, dass man den Kritikern, die ihr letztes Album Born to Die als antifeministisch bezeichneten, fast recht geben möchte. Doch wie bereits bei The Crystals wird es in eine fiktive Geschichte und schöne Melodie gepackt, die zumindest den Titel des Songs und den des Albums legitimieren. Der frischere Sound (wie zum Beispiel bei Brooklyn Baby mit Surfgitarre) harmoniert wunderbar mit Lanas Stimme, die mal verrucht, mal kratzig, mal klar, aber definitiv immer sexy daher kommt.
Dan Auerbachs Einfluss ist ganz klar bei der ersten Singleauskopplung West Coast wie auch bei den restlichen Nummern von Ultraviolence zu bemerken, der Groove tut dem Sound gut und verleiht allem einen Touch von Chris Isaaks Wicked Game (das schwarz-weiße Musikvideo am Strand verstärkt diesen Eindruck). Die Themen Liebe, Herzschmerz á la Hollywood und die Hommage an ein Amerika der vergangenen Zeit (musikalisches Beispiel The Other Woman) sind, wie bereits im Vorgänger-Album von 2012, unüberhörbar präsent. Was einem rein musikalisch nicht auffällt, sagt einem der Text ganz klar, möchte man meinen: „I’m in love“, „I love you forever“ oder „I’ll wait for you, babe, that’s all I do, babe„.
Die Liebe einer unterwürfigen, jungen Frau als Hauptthema der Texte? Nein, bei Ultraviolence ist es für die Kritiker nicht ganz so einfach wie beim Letzten. Vielmehr als nur um die pure Hingebung und abgöttische Liebe einer Frauenfigur geht es um problematische Fälle wie zum Beispiel in ‚Shades of Cool‚, indem erkannt werden muss „I can’t fix him„. Er ist drogensüchtig. Ebenfalls in Pretty when you cry. Generell spielen Drogen eine große Rolle in den Lyrics, wie in der Zeit, die Del Rey oft besingt: „The freedom land of the seventies“ (‚Brooklyn Baby‚).
Andere Töne schlägt sie bei Money Power Glory an, das sie als Antwort auf die Vorwürfe der Presse schrieb. „I want money, power, glory“ singt sie sarkastisch und will damit eigentlich nur Anerkennung als Songwriterin, die ihr bislang verwehrt blieb. Die Person Lana del Rey wurde mit vielem in Verbindung gebracht, nur eben selten mit ihrer Musik. Man sprach über eine Kunstfigur, deren Karriere vom Vater gekauft wurde, von irren Schlauchbootlippen, den künstlichen Fingernägeln, ihren miesen Live-Aufritten. Letztere konnten in den Augen ihrer Kritiker in puncto Perfektion nicht an ihr inszeniertes Äußeres herankommen. Durchaus anders und neu ist die Präsenz der Traurigkeit in den Texten, die diese fast schon zelebrieren (Sad Girl, Pretty when you cry) sowie der Bruch mit dem devoten Lolita-Image „Yeah my boyfriend’s pretty cool/ But he’s not as cool as me“ (Brooklyn Baby).
Ultraviolence ist wie der Vorgänger Born to Die von einer durchgehenden Schwermütigkeit geprägt und hat gleichzeitig etwas sehr Verträumtes, schon fast Elfenhaftes. Der Einfluss des Produzenten ist spürbar, wenn auch nur minimal. Die Lieder wurden von dem teilweise unnötigen Bombast des letzten Albums befreit und dadurch reduzierter – der Zauber wurde ihnen so aber keineswegs genommen. Ob nun künstliches Industrieprodukt oder glamouröse Diva, wenn man vom Äußeren ablässt, ist zumindest die Musik mehr als vorzeigbar.
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