The Kooks – Listen
The Kooks zelebrieren voller Übermut den so nötigen Neuanfang und hantieren unter der Ägide eines jungen Hip Hop-Produzenten mit Versatzstücken von Funk und Blues bis hin zum Baukasten-Soul. Die Operation mag nicht restlos glücken – der totgeglaubte Patient ist dennoch wieder am Leben.
Dass die keinerlei nachhaltigen Eindruck hinterlassende Langeweile, die vor allem ‚Junk of The Heart‚ zu einem uninspirierten Aufguss der plätschernden 60s-Indiepop-Komfortzone der Briten werden hatte lassen scheint letztendlich auch Luke Pritchard selbst unangenehm geworden zu sein – das hat zumindest ‚Down‚ als Vorabsong mit 3 ähnlich polarisierenden Kumpanen in Aussicht gestellt.
‚Listen‚ als dazugehöriges Album hackt nun in aller Konsequenz zur Gänze genau in diese hungrige Umbruchstimmung ein: das angenehm größenwahnsinnige Patchwork ‚Around Town‚ kippt sogleich hinein in seine hochtrabend gen Himmel stürmenden Chören, baut flapsige Handclaps und funky gemeinte Prince-Gitarrenlicks über den fetten, von Produzent Inflo bereitgestellten Hip Hop-Beat. Das strapazierende ‚It Was London‚ klingt wohl so, wie sich Pritchard ein krudes Mittelding zwischen Party- und Protest Song der Rolling Stones aus den 70ern vorstellt; um ‚Bad Habit‚ singletauglich genug zu polieren holt er vorsorglich noch Mainstream-R&B-Momente samt massiven Backingchören an Bord, die so wohl auch Kanye West auf die Tanzfläche locken könnten. Das stößt den Puristen unter den Fans ebenso angenehm vor den Kopf wie es nahtlos ins Ohr geht.
Zwischen Disco-Sounds, entstaubten Blues-Motiven und dem luftigen Pop der Band ist es dabei stets nur ein Katzensprung, wenn ‚See Me Now‚ etwa als Verlusballade angenehm unkitschig gelingt, obwohl sich der Pianolauf über freie Wiesen zum Breitwandsound inklusive klebrigem Brimborium aufschwingt. Vor allem die spärlich gesäten, zurückgenommeneren Momente wie ‚Dreams‚ gelingen durchaus trittsicher. Selbst wenn The Kooks über das gefühltermaßen niemals enden wollende, aufdringlich fröhliche ‚Westside‚ gallige Phoenix-Synthies kippen oder das enorm oberflächliche ‚Are We Electric‚ zu einem Totalaufall für verzweifelte Tanzflächen mutieren lassen bleibt die Handschrift der Band zu jedem Zeitpunkt erkennbar: Prichards Händchen für fluffige Melodien dient als Anker, das mit den catchy Ohrwürmern ist ihm zudem schon lange nicht mehr derart treffsicher gelungen. Der neue Kontext wirkte wahrlich inspirierend für den partygeeichten Engländer. Vielleicht sogar zu sehr.
Denn ‚Listen‚ neigt in Summe dazu, den akuten Handlungsbedarf hinsichtlich des Unterhaltungswertes einer Kooks-Platte regelrecht überzukompensieren. Über weite Strecken wirkt das vierte Album der Band wie ein überdrehtes und unfokussiertes Frichzellen-Sammelsurium, übermotiviert und geradezu messy, das seine Unmittelbarkeit permanent mit der Brechstange vorführt und die den Songs zugrundeliegenden Ideen selbst bei einer Durchschnittslänge von gerade einmal 3 Minute penetrant über Gebühr ausreizen.
Nicht selten überschreitet die Platte die Grenzen zur peppigen Übersättigung allzu demonstrativ, zumal der seit Jahren indoktrinierte Drang von Pritchard und Co. jeden Song absolut vehement unangestrengt und lässig klingen zu lassen auch diesmal bisweilen übertrieben und (vor allem inmitten der so paradox unspontan auf spontan getrimmten Produktion) aufgesetzt wirkt. Man könnte behaupten: das hier ist Brachialität, der es an Stil und Tiefgang fehlt. Vielleicht ist ‚Listen‚ als unverfängliches Sommeralbum mit verdammt kurzer Halbwertszeit aber auch einfach allzu exemplarisch das andere Extrem zur Langeweile der vorangegangenen Alben geworden. Vor allem aber alleine deswegen ein Schritt in die richtige Richtung, weil es den Sprung hinaus aus der Sackgasse wagt.
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