Knocked Loose, Deafheaven, Headbussa [20.02.2024: Simm City, Wien]

von am 22. Februar 2024 in Featured, Reviews

Knocked Loose, Deafheaven, Headbussa [20.02.2024: Simm City, Wien]

Knocked Loose machen nach ihrem Abriss im Flex 2023 neuerlich Stopp in Wien. Für ihr Gastspiel in der Simm City haben sie neben den das DAZE-Gütesiegel tragenden Headbussa auch noch die Blackgaze-Giganten Deafheaven als Special Guests dabei.

Dass der 2024er-Konzert-Termin hinsichtlich der angesprochenen Fan-Masse eventuell eher ungünstig gewählt ist, weil er sich mit dem zeitgleichen Auftritt von Currents & Co.im Flex überschneidet, bekommen Headbussa vor einer halbleeren Halle noch nur mutmaßlich zu spüren – bei Knocked Loose ist die Location schließlich nahezu rappelvoll und die Vorherschafts-Rechte insofern ziemlich eindeutig geklärt.
Eher ins Gewicht fällt zu diesem Zeitpunkt wohl, dass der am Timetable ausgegebene und penibel eingehaltene Start des Sets der Franzosen um 19.30 nicht ganz im Einklang mit dem auf den Konzert-Tickets kommunizierten Beginn der Show um 20.00 Uhr ist. Oder damit, dass man bei dem relativ generischen Beatdown Hardcore der Gruppe aus Paris eben auch nur sehr bedingt etwas verpasst: handwerklich durch und durch solide gemacht und rundum motiviert performt, kommen Headbussa nicht über absolut stereotype Baukasten-Songs hinaus. Doch als Anheizer liefert die Band dennoch einen wirklich soliden Job, phasenweise kommt sogar verhaltene Stimmung auf, wenn Frontmann Loïc Le Goff mit Tough Guy-Ansagen wie „The Next song is about depression“ und „Fuck Someone up, kick someone in the fucking fresse!“ sowie der besonders grimmigen Kopf-ab-Geste das Publikum mit dem angepissten Mut der Verzweiflung zur Interaktion auffordert.
Headbussa 1Headbussa 2

Einfacher haben es da schon die (etwas verwunderlich als Special Guest-Support gewählten) Deafheaven – denen frisst das bereits deutlich zahlreicher anwesende Publikum freilich von der ersten Sekunde an aus der Hand.
Dennoch will sich lange nicht dieselbe Begeisterung einstellen, die die Band etwa bei ihrem vorangegangen Besuch in der Arena hervorgerufen hat. Das liegt sicher auch daran, dass die Simm City trotz druckvoll abliefernder Sound- und Licht-Show (sowie einer Parkgarage mitsamt einem für viele Besucher frustrierend die Bezahlung verweigernden Kassa-Automaten) die charismatische Ausstrahlung einer trostlosen Maturaballhalle vermittelt; einer auf Raserei konzentrierten, wenige Wagnisse eingehenden Nummer-Sicher-Setlist mit Klassikern, die aber eben längst zum Standard-Repertoire gehören; oder dass Deafheaven als Mittelteil dieser Tour-Konstellation subjektiv einfach nicht restlos schlüssig funktionieren – und eher weniger daran, dass die Band sich auf Platte ja nahezu komplett von ihren Blackgaze-Wurzeln entfernt hat, diesen aber auf Tour verpflichtet bleiben muss: Deafheaven legen sich von der ersten Sekunde an leidenschaftlich profesionell ins Zeug – George Clarke gestikuliert zackig wie ein dämonischer Zampano diktatorisch schreitend, Drummer Daniel Tracy (in der Brandung einer ohne Unterlass blasenden Songcontest-Windmaschine), Shaun Durkan, Chris Johnsin und Kerry McCoy spielen zweckdienlich mit einer furiosen Dringlichkeit.
Trotzdem will der Funke eben erst bei dem Finale aus Black Brick und Dream House wirklich überspringen (nachdem Clarke durch technische Probleme während Gifts for the Earth kurzzeitig die Bühne verlassen muss) – da aber dafür so richtig, weil die Band all ihre Stärken gewohnt triumphant emporhebt und die volle Intensität ihrer emotionalen Größe beschwört.

Deafheaven 1

Setlist:
Brought to the Water
Sunbather
Gifts for the Earth
Black Brick
Dream House

Deafheaven 2Deafheaven 3

Mögen Knocked Loose auch publikumstechnisch eine ziemliche Bandbreite anziehen – von rücksichtslosen Crowdkiller-Pennern bis hin zu aufgepumpten Dudes, die mit nacktem Oberkörper vor ausgelassenen Stagedivern offenbar für TikTok-Videos oder dergleichen posen, während andere im herrlich nimmermüden und positiv motivierten Pit Liegestütze machen und die Band angemessen frenetisch feiern – setzt die Gang aus Oldham County mittlerweile doch durchaus die Messlatte für schweißtreibende Action vor der Bühne: Ohne jede Aufwärmphase gleicht der Tumult in der Halle einem atemraubenden Power-Workout der Extraklasse, denn am rutschigen Parkett wird von Deep in the Willow weg die folgenden rund 50 Minuten bis zu Everything is Quiet Now gemosht, dass einem das Kerngebiss bimmelt und die alten Knochen am nächsten Tag Erschhöpfung reklamieren.
Zumal die Band aus dem plakativen Animations-Lehrbuch ständig mehr sehen will – sie stiftet noch einen Circle Pit an, will eine Wall of Death oder jeden um sein Leben springen sehen,… geht alles klar, wird alles mit abgeklärt distanzierter Coolness abgenickt.

Knocked Loose 1

So zündet der Metal/Hardcore von Knocked live noch viel packender als auf den Platten bereits. Die vom modebewussten (und dahingehend wohl eher Hipster als Szene-Puristen ansprechenden) Doppel aus dem (derzeit wie ein ernst blickender, junger Pacey Witter aussehenden) Frontmann Bryan Garris und dem extravagant im bauchfreien Netzshirt seine Death-Growls und Publikums-Befehle abgebenden Gitarristen Isaac Hale geleitete Performance hat verdammt viel Energie und setzt deiner treibenden Heaviness gefühlt ständig die richtige Akzente, um die Spannung permanent hoch zu halten. Sicher arbeitet das Quintett wie andere auch nach dem Genre-Leitfaden, versteht es dabei aber mit jedem Part weiteres Kerosin ins Feuer zu schleudern, den Adrenalinspiegel immer weiter zu reizen – und das Publikum reagiert darauf ohne Ermüdungserscheinungen, wo der Katalysator Knocked Loose mit einer explosiven Präzision alles tut, um der Menge neue Erschöpfungsgrenzen abzuringen. Soll heißen: das Set und die körperliche Interaktion damit macht einfach extrem viel Bock.

Knocked Loose 2

Dass die Setlist dieser Tour relativ deckungsgleich (wenngleich mit insgesamt 16 Songs etwas ausführlicher bemessen) zu jener der vorangegangene Europa-Tour ausfällt, ist angesichts des vorhandenen (und seit vergangenen Spät-Sommer nicht mehr gewachsenen) Studiomaterials natürlich verständlich – was spätestens durch die nahtlose Einbindung des neuen Songs Blinding Faith (wenig überraschend ein monströser Brecher in typischer Band-Tradition!) allerdings ohnedies aufgewogen wird, der den aktuell nahezu unstillbaren Hype um und Hunger auf Knocked Loose auch über den (auf Bullshit wie Zugaben gewohnt verzichtenden) Abend hinaus weiter befeuert – und ihn für den nächsten Besuch eigentlich auch gleich für derartige Größenordnungen fit macht.

Setlist:
Deep in the Willow
Where Light Divides the Holler
God Knows
Deadringer
Deadringer
Trapped in the Grasp of a Memory
Belleville
Denied by Fate
Oblivion’s Peak
Blinding Faith
All My Friends
…And Still I Wander South
Mistakes Like Fractures
Billy No Mates
Counting Worms
Everything is Quiet Now

Knocked Loose 3
Knocked Loose 4
Knocked Loose 1

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