Kings of Leon – Mechanical Bull
Die Followill-Bande hat eine Rückbesinnung auf ihre Frühphase für ihr fünftes Studioalbum versprochen. Gerade eine solche scheint mit dem nicht mehr verschwindenden Ballast der Mainstream-Verpflichtung für die Kings of Leon allerdings nicht mehr möglich zu sein. Weil das Quartett diese Tatsache aber im Gegensatz zum leidenschaftslos plätschernden ‚Come Around Sundown‚ mit einer wiedererwachten Spielfreude kontrastiert, gelingt dennoch ein Comeback über den Erwartungen.
Um es vorwegzunehmen: ‚Mechanical Bull‚ ist nicht die prolongierten Rückkehr zum CCR-infizierten Retroschweißtrieb von ‚Youth and Young Manhood‚ und ‚Aha Shake Heartbreak‚ geworden, keineswegs qualitativ und schon gar nicht stilistisch – und es ist definitiv nicht auf Augenhöhe mit dem angepeilten Bandzenit ‚Because of the Times‚ anzusiedeln. Selbst wenn ‚Mechanical Bull‘ produktionstechnisch durchaus andeutet, wo das 2007er Werk der Band landen hätte können, wenn am Produktionssessel neben Angelo Petraglia kein Ethan Johns Platz genommen hätte – nämlich in erdigen, aber doch zu sanften und gefälligen Gefilden: kratzbürstige Biester ala ‚Charmer‚ lässt 2013 alleine das Klangkostüm nicht mehr zu. Nun aber ist ‚Mechanical Bull‚ unter vertauschten Ausgangslagen zumindest wieder auf einer Ebene mit dem seinerzeit enttäuschenden ‚Only By the Night‚ angekommen, das seine zahlreichen Qualitäten ja bekanntlich im Schatten des ermüdend platten Hits ‚Sex on Fire‚ stiefmütterlich aus der Auslage zu nehmen gezwungen war.
Für ‚Mechanical Bull‚ haben die Kings of Leon elf gleichberechtigte Songs geschrieben, die sich hörbar mit dem Schicksal der Band´arrangiert haben im Rampenlicht gelandet zu sein , das beste aus der Situation machen in den Stadien dieser Welt Massen bewegen zu müssen. Insofern kann man es den Followills durchaus hoch anrechnen, dass sie es etwa mit einem ‚Supersoaker‚ im Rahmen der überwiegenden Klientelinteressen durchaus krachen zu lassen versuchen ohne dafür Originalitätsansprüche zu stellen, während das flotte ‚Don’t Matter‚ im Fahrwasser von Pearl Jam und frühen Queens of the Stone Age ein für alle Mal klarstellt, dass sich die Orientierungspunkte dieser Band längst verschoben haben. Wer also nach spätestens drei Songs die Erinnerungen an alte Tage und die anhaltende Boulevardpräsentz der Band ausklammern kann, der wird nicht umher kommen zu erkennen: ‚Mechanical Bull‚ überzeugt, vor allem in der starken ersten Spielhälfte und ist ohne Forderungen ein durchwegs hochmelodiöser Rockalbum voller eingängiger Ohrwürmer geworden.
Nie so gut wie insgeheim erhofft, meistens besser als erwartet: ‚Rock City‚ ist geschniegelt funktionierender Hochglanz-Blues, ‚Temple‚ und – mit Abstrichen – auch ‚Coming Back Again‚ ungemein infektiöse und flott angetriebene Ohrwurm, die auch ohne markante Kanten vorzeigen, dass der gesunkene Anspruch der Kings of Leon durchaus unterhalten kann.
Auch die balladesken Gesten gelingen auf ‚Mechanical Bull‚ versöhnlicher als zuletzt: weil Caleb Followill grundsätzlich wieder mit mehr Leidenschaft hinterm Mikrofon steht funktioniert selbst ein melancholischer Feuerzeugschunkler wie ‚Beautiful War‚ einfühlsam kurz vor der Pathos-Kippe von U2, wohingegen ‚Wait for Me‚ keine astreine Psychedelik-Übung sein muss um sich angenehm flächig auszudehnen. ‚Comeback Story‚ traumwandelt mit perlenden Gitarren über augenzwinkernde (?) Entfremdungslyrics („I walked a mile in your shoes/ Now I’m a mile away/ And I got your shoes„) und überspannt dann den Bogen mit seinem käsigen Streicherfinale doch noch, wohingegen ‚Tonight‚ seiner angedeuteten großen Geste ohnedies nur mit leeren Versprechungen hinterherhecheln hecheln muss.
Auch das countryesk-slidende, abschließende ‚On The Chin‚ kann unerfüllt verglühend dann gefällig und trotz der dreist von ‚Everything’s Not Lost‚ geborgten schimmernden Leadgitarre nicht die eigenen Arena-Ambitionen erfüllen, sondern diese nur majestätisch gemeint umreißen. In die Coldplay-Schuhe muss man eben erst einmal hineinwachsen.
Letztendlich ist aber ohnedies alleine ‚Family Tree‚ (in dem all die aufgefahrenen, überdeutlichen John Fogerty-Anleihen zu einem billig anbiedernden Squaredance-Rocker fusioniert werden) das einzige wahrhaftige Ärgernis eines ansonsten brav abliefernden, ungefährlichen Albums, welches den aktuellen Grundzustand der Familie Followill adäquat widerspiegelt: die Kings of Leon sind nicht mehr die explosiv agierenden Retrofreaks im langhaarigen Pennerlook, sondern durchgestylte Familienväter und kalkulierend agierende Ehemänner jenseits der Alkoholexzesse, die sich den Erwartungshaltungen und gestiegenen Lebensstandards musikalisch angepasst haben. Spannend ist das nicht. Aber derart kurzweiligen und engagierten Mainstreamrock muss man auch erstmal können.
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