Kings of Convenience – Peace or Love
Lange und viele Anläufe haben die Kings of Convenience gebraucht, um ihr viertes Studioalbum über fünf Jahre hinweg in ebenso vielen Städten fertigzustellen. Mit Peace or Love kommen die Norweger am Höhepunkt der aktuellen Hitzewelle exakt zur richtigen Zeit, um Gemüter mit ihrem abonnierten (kammermusikalisch ausgeschmückten) Indie-Folk zu beruhigen.
Nach (mehr oder minder) zwölf Jahren Abwesenheit seit dem Vorgänger Declaration of Dependence fühlt sich das Comeback („It seems like a comeback, of course, but it doesn’t feel like a comeback. It’s been a very slow-burning project. We’ve fooled ourselves many times into thinking that now we know how to make records but the moment we’re in the studio we realise that recordings are really about capturing magic. It’s very, very hard to make something sound simple.“) von Erlend Øye und Eirik Glambek Bøe eigentlich nicht an. Eher wie vertraut und geborgen einnehmende Erinnerung an alte Herzensangelegenheiten, aufgenommen via auf den Erstkontakt liebgewonnene Instant-Wohlfühlzonen, die sich bei der Gretchenfrage im Titel für beide Optionen entscheiden, und dem folgend aber auch immer wieder vorsichtige, nichtsdestotrotz konsequente Modifikationen am Trademark Sound der Kings of Convenience einflechten.
Fever gönnt sich etwa einen unaufgeregt schunkelnden Drum-Beat, dazu Streicher und ein perlendes Piano schließt unwirklich die Augen und lässt sich im plätschernden Gitarrenspiel treiben. Catholoic Country tänzelt dagegen mit Feist in tropikal schwelgenden Bossanova-Tendenzen – Love is a Lonely Thing, dem anderen der beiden auf dem Album aufgefahrenen Songs mit ihrem Lieblingsgast und vielleicht auch der schönsten neuen Nummer, sinniert das Duo im Dreiergespann kurz vor der puren melancholischen Entschleunigung, sogar noch zauberhafter in all der simpel gehaltenen, vermeintlich so mühelos eingefangenen Zeitlosigkeit.
Denn trotz etwaiger Adaptionen des gewohnt entspannt und sommerlich (stilistisch freilich immer noch a la Simon & Garfunkel, Whitney oder Jens Lekman) streichelnden Gitarrenspiels als Grundlage für weichen Harmoniegesang, ist das im besten Sinne unspektakuläre und unaufdringlich berieselnde Peace or Love eine Platte (eher der Soundtrack, der in seiner luftigen Lockerheit Leinenhosen und kühle Brisen ersetzt) an der relativen Erwartungshaltung entlang erträumt – die größte Überraschung bleibt wohl die eigentliche Existenz der 38 Minuten nach der langen Abwesenheit von Erlend Øye und Eirik Glambek Bøe im Gespann.
Dass diese Rückkehr keinem unverfänglichen Müßiggang abgerungen wurde, sondern bei aller so hart erarbeiteten Zwanglosigkeit und Wertkonservativität doch hinaus mussten, lässt sich vor allem an den flotteren Nummern ablesen – etwa Rocky Trail, beinahe eine fiedelnde Fortsetzung von Boat Behind, in der die Yacht-Lounge in voller Fahrt und trotzdem gefühlter Zeitlupe vorbeizieht, oder der munteren Beschwingtheit Angel.
Doch eigentlich sind es die klassischen, ruhig und elegant berieselnden Songs, die besonders eindringlich fesseln. In das famos eröffnende Rumours schleichen sich spät beinahe unbemerkt ein paar bescheiden bleibende Streicher-Arrangements, doch ist es alleine schon der Klang der Gitarre, der ein immanentes Fernweh transportiert, während die Gesangslinie für einen Ohrwurm sorgt, und die imaginative Wirkung der Musik erzeugt. Songs wie das sehnsüchtige, sentimental die Romantik pflegende Comb My Hair oder die langsame Introspektive Song About it werden zur Sinnsuche, das bedächtige Killers erzeugt mit seiner traurig-zurückgenommenen Hook einen emotionalen Sog in der Eingängigkeit: ein weiteres klares Highlight.
Selbst wenn ausgerechnet der Schlusspunkt Washing Machine ein bisschen austauschbar geraten ist, reihen sich insofern die Aushängeschilder der KoC-Kunst auf Peace or (nein, eigentlich: and!) Love wie selbstverständlich aneinander – womöglich gar zu mehr, als nur der drittbesten Platte der beiden Partner. Das lange Hinarbeiten auf diese Rückkehr hat sich also ausgezahlt. Oder wie es im überlegt-reifen Trostpflaster Ask for Help so schön heißt: „Wouldn’t it be nice if you lose/ To value a choir to sing the blues with you?“.
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