King Gizzard & The Lizard Wizard – The Silver Cord
King Gizzard & The Lizard Wizard erfinden sich einmal mehr nicht nur stilistisch, sondern auch konzeptionell neu: The Silver Cord ist ein psychedelisches Elektro-Dance-Doppel Album – auf der einen Seite konsequent destillierte Kurzformate und auf der anderen ausufernde Extended Jam-Sessions.
„I love Donna Summer’s records with Giorgio Moroder, and I’d never listen to the short versions now — I’m one of those people who wants to hear the whole thing. We’re testing the boundaries of people’s attention spans when it comes to listening to music, perhaps—but I’m heavily interested in destroying such concepts.“ sagt Stu, positioniert The Gizz aber eigentlich zwischen den Extremen.
Denn mit einem eklatanten spielzeittechnischem Ungleichgewicht von 28 zu 88 Minuten der jeweiligen Versionen erreicht The Silver Cord keinen unbedingt goldenen Schnitt: was sich auf der einen Seite wie hastige Teaser von zu Ende gedachten Songs oder kurze Abrisse von catchy Ideen anfühlt, wirkt auf der anderen manchmal wie das oft mäandernde Nicht-Zum-Punkt-Finden.
Soll heißen: ein Mittelweg hätte dem Material an sich durchaus gut getan.
Aber sei’s drum: Auch im 25. Anlauf ist den impulsiven Australiern trotz einer das Endprodukt ein wenig aus den Angel hebenden, überbordenden Ambition kein schwaches Album gelungen.
Ein spontaner Einkauf von Michael Cavanagh bestimmt dabei diesmal den Sound und die Ausrichtung der Platte, die vom Electropop bis in den Drum’n’base wildert, praktisch alleine auf Lofi-E-Drums und eine Armee von Synthesizern gebaut wurde, dabei aber nur in den ausführlicheren (und im Zweifelsfall auch die „normalen“ Versionen leicht übertreffenden, sauberere Übergänge bekommen habenden) Jams klar macht, warum die Band das Werk als Yang zum Ying PetroDragonic Apocalypse; or, Dawn of Eternal Night: An Annihilation of Planet Earth and the Beginning of Merciless Damnation verstanden wissen will.
Theia wandert mit seiner unverschämt penetranten Hook als Instant-Ohrwurm zwischen psychedelischen Animal Collective und Butterfly 3000 (und taucht in der ausfransenden Extended Version an Motor Spirit gelehnt weitestgehend instrumental gehalten in einen ungezwungenen Lounge-Traum einer naturalistischen Weltraumstation samt im Weichzeichner hämmernden Techno-Trance), das Titelstück bleibt trotz freigiebiger Stimmeffekte mystisch, modelliert entmenschlichte Sphären samt weich träumender 80er-Bridge und pumpenden Abgang (wo die quietschenden Helium-Roboter mit mehr Auslauf anmutiger wirken, mit stoischer Konzentration zu orientalischen House-Texturen tanzen).
Set funktioniert dagegen in der destillierten Version als Euro Trash-Rap-Club (der die Androiden-Party ansonsten nur noch gedehnter zum 90er-Serotonin klatscht) ausgezeichnet pointiert, Chang’e (als relativer Schwachpunkt der Platte) pulsiert dagegen nach seinem langen Space-Spannungsaufbau als Progressive Acid zu kurz auf dem Dancefloor – die gut gelaunte Achterbahnfahrt nimmt als friedlich aufgelöste Regenbogeparcours-Hatz einfach runder mit.
Das finale Trio aus Gilgamesh (ein subkutan groovender Oberton Hip Hop-Exzess, der seine Verwandtschaft zu Gila Monster im kompakten Format außen vor lässt, aber auch unterstreicht, dass die Rap-Passagen der Gruppe hier besser denn je zünden), dem Four-to-the-Floor-Antauchen Swan Song und dem sphärischen Halluzinogen Extinction verdeutlicht dann jedoch, dass die Ausgewogenheit nicht restlos ideal balanciert ist, weil die Extended Mixes mit einigen leeren Meter in einem regelrecht körperlosen transzendierenden Rausch aufgehen und zudem die harte Katharsis anstelle des unspektakulären Endes besorgen.
Dass The Silver Cord so oder so eher ein stimmungsbedürftiges , wohl auch polarisierendes, allerdings eben unbedingt spannendes und interessantes Nischenalbum der mutigen King Gizzard-Diskografie darstellt, passt. Dass der Nachfolger der Platte bereits in Aussicht gestellt wurde und die Standard Version-heimlich drei zusätzliche Hidden Tracks spendiert bekommen hat ebenfalls.
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