King Gizzard & The Lizard Wizard – PetroDragonic Apocalypse
PetroDragonic Apocalypse; or, Dawn of Eternal Night: An Annihilation of Planet Earth and the Beginning of Merciless Damnation ist ein Konzeptalbum aus dem Gizzverse über „humankind and it’s about planet Earth but it’s also about witches and dragons and shit“.
„Wir wollten die Geschichte in der realen Welt beginnen und sie dann in die Hölle schicken. Textlich ist das Album oberflächlich gesehen lustig, aber tiefgründig, wenn man etwas genauer hinhört. Shakespeare und die Bibel waren definitiv Inspirationen für die Gestaltung einiger der Texte, die die schwarz-komödiantische und düster-zerstörerische Geschichte des Albums mit höchster Dramatik erzählen. Es ist wie eine zweite Stimme auf dem Album – sie taucht in jedem Song auf, und es sind Worte, die vor 500 Jahren oder vor 2.000 Jahren benutzt wurden.“ erklärt Stu, doch der eigentliche Aufhänger ist freilich, dass PetroDragonic Apocalypse stilistisch vor allem eine Rückkehr zum Thrash-Derwisch Infest the Rat‘s Nest markiert.
Allerdings ist das 24. Studioalbum der Australier nun ebenso zielsicher weniger straight angelegt als sein spiritueller Vorgänger von 2019, den Heavy Metal a la Polygondwanaland vielmehr progressiver ausrichtend und entlang längerer Songs anlegt, die wie die 2022er-Stafette (Ice, Denim and Changes) von Stu & Co. aus dem Jam geboren wurden.
Ein extrem unterhaltsamer Spaß, der in einem Feuerwerk aus herrlich effektiven Riffs, Powerchords, Gniedeleien und Soli mit etwas monoton skandierten, sonor als Mittel zum Zweck röhrenden Vocals den Veitstanz an überdrehten Synkopierungen und knackig-stramm ziehenden Takten vor gefinkelten Ideen strotzend zwar eindeutig nach räudigen King Gizzard klingen lässt, darüber hinaus aber vor allem an High on Fire denken lässt – und: Tool!
Gerade die Momente, in denen die erste Hälfte von PetroDragonic Apocalypse den Fuß vom Gaspedal nimmt, um atmosphärisch durchzuatmen, erinnern ihrer perkussiven Gestaltung frappant an die Prog-Meister um Maynard James Keenan: Die mystisch-kontemplative, bass-nautische Bridge von Motor Spirit etwa, nachdem der Opener exemplarisch hämmernd galoppierend losprescht, seine Saiten manisch in den harmonischen Kontrast mit dem eiligen Zug nach oben jagt, die Produktion ungeschönt und jenseits moderner Metal-Klischees belässt, und anfeuernde Gangshouts bis zum breit beschwörenden Panorama-Chant mitnimmt. Supercell erhöht das Tempo gar noch und tackernd ballernd mit bollernd, variiert seine Gitarren-Rhythmen und schwingt den Titel als catchy Hook hinten nach, mit tropikalem Schwenk und seine thrashy Riffs einkochend und zur dramatischen Natur von Jambi findend – wie auch Converge, das zuvor als Speedfreak-Update von Uncolonise die Heaviness intensiviert, seinen Schlachtruf als ideale Entrance-Aufpeitschung für Jacob Bannon von der Leine und keine leeren Meter zwischen sich lässt: Wie man aus einzelnen Songs anhand eines fantastischen Sequencings ein nahtlos ineinander übergehendes Ganzes mit übergeordneten Spannungsbogen zaubert, das wissen King Gizzard seit jeher.
Auch, dass die Band in emotionaler Hinsicht oft ein überschaubares Spektrum bietet und primär als endorphinbefeuernde Unterhalter mit unkaschierter öko- und sozialbewusster Botschaft hinter der Bespaßung funktioniert. Insofern fesselt das beackerte Metl-Entertainment-Spektrum aber auch zu jeder Sekunde, zumal die Stücke zahlreiche Kniffe bieten, um hinter der Instant-Unmittelbarkeit Raum für individuelle Schraffuren und Details frei zu machen. Wenn Witchcraft etwa mit der orientalischen Psychedelik flirtet oder das vergleichsweise simpel gestrickte Gila Monster geballte Fäuste und wunden Kehlen vor infektiöser Mitmach-Impulsivität („Gila! Gila! Gila!“) provoziert, derweil Ambrose die Daumenschrauben mit fast rappendem Tunnelblick ansetzt. Dragon rahmt mit Math-Motiv zur ballernden Hatz, die Metallica- und Motörhead-Anhänger ebenso mit der Zunge schnalzen lassen sollte wie okkulte Tempel-Jünger, die gerne in kultischer Kraut-Seance rezitieren oder a la Mastodon gröhlen – das Gespür dieser Band für zwingende, smarte Grooves und schnörkelig-barrierefreie Melodien ist einfach top.
Flamethrower schlenzt die Stafette an Riffs danach mit einer drückenden Präzision hinaus, mäandert aber auch, bevor die weitschweifende Percussion somnambul mit elektronisch stacksenden Illusionen zum Oberton-Remix von Motor Spirit angereichert wird, den Kreis schließend – und damit (den Bonustrack Dawn of Eternal Night übergehend) dennoch gar schon einen Ausblick auf das kommende Studioalbum bietet? Laut Bassist Lucas Hardwood steht das Yang zum Yin namens PetroDragonic Apocalypse; or, Dawn of Eternal Night: An Annihilation of Planet Earth and the Beginning of Merciless Damnation nämlich bereits parat: „They Are going to be very different sounding to each other, but we’re going to try to make them complement each other“.
Kommentieren