King Gizzard & The Lizard Wizard – Live In Milwaukee ’19
Braucht es tatsächlich das zehnte Konzertalbum von King Gizzard & The Lizard Wizard – noch dazu das immerhin sechste von der selben Tour? Wahrscheinlich nicht. Spaß macht Live In Milwaukee ’19 trotzdem. Und wie!
Ob die Australier es noch hinbekommen, dass 2021 wie vorab prolongiert ihr bisher veröffentlichungstechnisch eifrigster Jahrgang wird? Eher nicht: Trotz L.W. und Butterfly 3000 hat 2017 die Nase hinsichtlich Studioalben noch klar vorne; auf einer anderen Rechnung erschienen 2020 zudem sieben Liveplatten – und hiernach heuer hinter den Mitschnitten aus Melbourne und Sidney erst bisher drei.
Wie dem auch sei, folgt nach zwei erstaunlich zeitnah dokumentierten mikrotonalen Gegenwartsalso nun wieder der Griff ins Archiv. Und weil die 2019er Tour der Band trotz ständig wechselnder Setlisten eben bereits wirklich sehr ausführlich aufgearbeitet ist, gilt es genau zu schauen, wo sich im direkten Vergleich der Mehrwert von Live In Milwaukee ’19 findet.
In dieser Hinsicht reklamiert alleine das bisher noch nirgendwo im Livealbum-Kanon zu findende Stressin‘ unbedingten Fan-Jubel, da die so relaxt wie smooth von halluzinogenen Melodien träumende Nummer erst die Lounge der Arctic Monkey vorwegnimmt und dann auch noch ein herrlich entspannt gniedelndes Solo hinterherschiebt, bevor das synthieschwer aus der Psychedelik wehende Acarine als Mundharmonika-Outlaw-Sehnsucht ebenfalls den Funken Exklusivität in den am 23. Agust konservierten Abend bringt.
Zumindest auf keiner der bisherigen 2019er-Tour-Platten gab es Wah Wah (mit seinem The River-Intro und jazzigem Groove, der kurz elegant-exzessiv aufheult), das mit ordentlichem Schlagzeug-Drive knackig und punkrockig-kompakt nach vorne riffende Road Train, sowie Muder of the Universe (das pastorale Texturen über die instrumentale 70s-Trance legt – bis die Nummer nach knapp der Hälfte der Spielzeit abbricht, weil Han-Tyumi nicht funktioniert…vielleicht wurde deswegen spontan Mars for the Rich eingeschoben?) zu finden.
Was es sonst noch zu berichten gibt: Down the Sink feiert seinerzeit bei dieser Show sein Livedebüt und Head On/Pill dehnt sich über eine halbe Stunde und assimiliert dabei Szenen von Hot Wax, Rattlesnake, Alter Me, Heaven?, Mind Fuzz, Cellophane sowie Stressin‘.
Drumherum gibt es genug Variationen und Schattierungen im Programm, um auch das an anderen Tourstopps gespielte Material spannend und kurzweilig zu halten. Die Band ist gut aufgelegt, und interagiert mit dem Punlikum, die Performance sitzt mit Spielfreude und die Aufnahmequalität passt.
Ergo: Der Hunger nach neuen King Gizzard-Liveplatten mag mittlerweile längst gestillt sein – schmecken tun sie aber weiterhin verdammt gut.
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