Kiefer Sutherland – Reckless & Me
Kiefer Sutherland bedient den amerikanischen Country-Markt auch mit seinem Zweitwerk Reckless & Me mittels einer vollkommen austauschbaren Souveränität, kurzweilig und kantenlos. Nicht schlecht!
Schauspieler und ihre forcierten Musikkarrieren sind ja bekanntlich ein eigenes Thema: Ambition und Berufung gehen da gerne in unterschiedliche Richtungen.
Trotz stilistischer Unterschiede lässt sich im (sich aktuell anbietenden) direkten Vergleich zwischen beispielsweise David Duchovny und Kiefer Sutherland jedoch durchaus ganz gut dieses Verhältnis aus Können, Talent und einer gewissen grundlegenden Faszination am Metier-Wechsel gut in Relation setzen.
Wo Duchovny nämlich seine vielen Makel von einer versierten Band tragen lässt sowie stimmliche Schwächen mit bisweilen kruden Texten und skurriler Leidenschaft aufzuwiegen versteht, hat Sutherland grundlegend nicht nur das routiniertere, erdigere (und phasenweise auch von Studioeffekten glattgebügelt wirkende) Organ, sondern auch das an sich solidere Songwriting mit seinem Partner und musikalischen Supervisor Juse Cole erarbeitet.
Was Reckless & Me im Gegensatz zu etwa Hell or Highwater allerdings nahezu vollends fehlt, ist diese Ausstrahlung des charismatischen Handicaps. Es mangelt den handwerklich überzeugenden zehn Songs hier im Grunde vollends an Alleinstellungsmerkmalen und individueller Kreativität. Sie machen alles so fachmännisch, wie es das Genre und der Markt verlangt, bleiben darüber hinaus aber leider relativ austauschbar und ohne griffige Identität.
Einzig die fast schon absurd bemüht nach Everyday-Romantic, Working Class Hero-Stehsätzen und Roots-Sentimentalität buhlenden Lyrics fallen in ihrer penetranten Authentizitätsvorschlaghammer-Herangehensweise auf. Einem weniger prominenten Gesicht als dem von Sutherland vortragend hätte man den Geschichten wohl nicht derart skeptisch gegenübergestanden, doch auf Reckless & Me wirkt der 52 Jährige bei Truckerstorys, Army-Erinnerungen und Rodeo-Alltag nicht wie etwa ein Bruce Springsteen oder Tyler Childers als bodenständiger Storyteller, der all die Gegebenheiten wirklich transparent spürbar machen kann, sondern als imitierender Hochstapler Schauspieler, der die Perspektive seiner (mal mehr, mal weniger selbst verfassten) Songs ohne tatsächliche Glaubwürdigkeit erzwingen will.
Übrigens auch so ein Punkt, den der eher auf persönlich-emotionaler Schiene fahrende Duchovny aufgrund einer allgemeiner funktionierenden Tragweite quasi besser macht, als Reckless & Me: Der universelle Zugang ist subjektiv stark limitiert, aber auch nicht so persönlich, dass es ergreifend wäre.
In dieser Ausgangslage macht Sutherland mit seinem Zweitwerk dann allerdings abseits grundlegender Mankos im Umkehrschluss wenig per se falsch, liefert (gerade in der ersten Hälfte der Platte) rundum sehr okaye Countryrock-Standards, von denen keiner unbedingt mehr oder weniger gelungen ist, sondern ohne tatsächliches Ausfall oder nachhaltiges Highlight ein nicht unangenehm-unterhaltsames Einmaleins liefert.
Open Road ist eine melancholisch getragene Highwayballade, klimpernd und orgelnd, Something You Love mag es soulig und flott. Faded Pair of Blue Jeans hat als entspannte Romanze einen Allman Brothers-Vibe und der Titelsong ein latent heavier daherkommendes Blues-Flair. Blame It On Your Heart gibt den beschwingten Barndance und das durchsichtige This Is How It’s Done will zumindest unverfänglichen Spaß machen. Agave wagt den hardrockigen Gringo-Tanz mit Sammy Hagar in den Linernotes, wo Saskatchewan sentimentale Nostalgie erzeugen will und das unspektakuläre Song for a Daughter als Sutherland-Alleingang vergänglich verblasst, aber tatsächlich stimmiger erscheint, als die von Cole verfasste Bagatelle Run to Him.
Reckless & Me ist damit in Summe dennoch verdammt nett nebenbei zu hören, so eingängig wie harmlos, so effizient wie kantenlos – auch wenn die kernige, hemdsärmelig auf den Punkt kommende Platte (abgesehen von den Lyrics) musikalisch praktisch schon während des Konsums wieder vergessen wird. Das ist wirklich keineswegs schlecht, sogar absolut gefällig, aber letztendlich wohl doch auch einfach viel zu egal. Denn Sutherland kann, was er tut und hat auch Talent – aber andere haben eben mehr davon und können es weniger generisch einfach besser, weil sie nicht nur die Rolle des Musikers spielen.
1 Trackback