Khemmis – Doomed Heavy Metal
Ein bisschen Resteverwertung als Vehikel für ein gelungenes Dio–Cover: Khemmis vertreiben sich mit dem soundcharakteristisch betitelten Doomed Heavy Metal im Kleinformat die Zeit.
“Jetzt, wo sich die Welt immer noch in so schweren Zeiten befindet, ist es wichtiger denn je, sich auf die Bereiche unseres Lebens zu konzentrieren, in denen wir Stärke finden und die uns mit anderen verbinden. Für uns vier ist Heavy Metal so ein Bereich, genauso wie für viele von euch. Dieses Mini-Album widmen wir unseren Fans, (…), genauso wie dem Heavy Metal selbst, als Kunstform und Lebensstil. Also legt dieses Album auf, gönnt euch einen Drink und lasst die Songs ein wenig Licht in diese dunkle Welt bringen.“
Man kann Doomed Heavy Metal nach diesem Trinkspruch tatsächlich als Ausdruck einer Liebeserklärung an das Genre verstehen, transportiert es die Freude von Khemmis an schweren Riffs und harten Rhythmen doch mit kurzweiliger Unkompliziertheit – und eignet sich mit seinem archivarischen Wesen zudem sowohl als Einstiegspunkt für Neulinge, wie auch als Methadonprogramm für Komplettisten. Trotzdem geht wirklich essentiell dann doch anders, zumindest wenn man nach der Exklusivität der aufgefahrenen Nummern geht.
Tatsächlich neues Material ist auf Doomed Heavy Metal nämlich rares Gut. Empty the Throne war als Flexi-Disc bereits dem Decibel Magazine beigelegt, zeigt also bekanntlich ein verhalten-hymnisches Gebirge aus Riffkaskaden, das nicht restlos zum Punkt findet, ist in seiner sludgigen Epik aber dennoch etwas, dass der Fan auch ohne Konsum der US-Zeitschrift im Regal stehen hat. A Conversation with Death wiederum stammt von Fraught with Peril, der gemeinsamen Southern Folk-Split-Single mit Spirit Adrift – die man sich in ihrer Stärke eigentlich als Ganzes anschaffen sollte, wenn man sie physisch noch zu einem vernünftigen Preis findet.
Das Cover des Lloyd Chandler-Traditionals als „an early 20th century Appalachian dirge, into a sludgy, sorrowful contemplation of mortality“ gelingt nach dem Acapella-Beginn erst als etwas unausgegorenes Beschwören hymnischer Gesten, bis die Gitarren von der Leine gelassen werden und schwindelfrei solieren – und Khemmis ihre kompakte Klasse mit aller Euphorie ausspielen.
Dass Songs ihrer regulären Studioalben trotzdem noch stärker ausfallen, kann man danach rückwärtschronologisch nachprüfen: Bloodletting (von Desolation), das mit tollen Death-Doom-Growls kontrastierte Three Gates von Hunted sowie ein über knapp neun Minuten komplett freidrehendes The Beeaved (von Absolution) transportieren zwar wenig Live-Flair (das Publikum ist kaum zu hören, der Sound ist fett), machen aber verdammt ordentlich Bock.
Und dann ist da zum Einstieg noch der wahrscheinlich primär angedachte Anschaffungs- und Existenzgrund von Doomed Heavy Metal: Khemmis covern Rainbow in the Dark von Dio. Die Band aus Denver kann da natürlich nicht gewinnen, transportiert die Göttlichkeit des Originals aber durchaus erfolgreich in den hauseigenen Kontext. Phil Pendergast versucht gar nicht erst sich stimmlich mit Dio anzulegen, liefert aber wunderbar rund ab – dazu trumpft die Interpretation instrumental mit animierendem Auftreten und starken Soli auf. Khemmis lassen sich Zeit damit, die Harmionien auf Linie zu bringen, pflegen die patentierte Langsamkeit in der Melodiesucht und verneigen sich damit absolut authentisch.
Fans kommen also nicht um Doomed Heavy Metal herum, auch wenn sie Teile der EP in anderer Form eventuell bereits im Regal stehen haben. So oder so steigern die 40 Minuten der Platte die Vorfreude auf kommendes Khemmis-Material aber mühelos, womit der Zweck der Veröffentlichung wohl ansatzlos erfüllt ist.
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