Keane – Cause and Effect
Das erste Keane-Album seit knapp sieben Jahren ist auch das beste der Band seit noch viel längerer Zeit. Ob deswegen aber abseits der loyalen Fanbase sonst noch jemand auf Cause and Effect gewartet hat?
Nicht zuletzt die Engländer selbst scheinen sich diesbezüglich gar nicht so sicher gewesen zu sein. Weswegen sie ihren alten Faultline-Kumpel David Kosten damit beauftragt haben, den an sich für die Piano-Zentrierung bekannten Sound wieder mit ordentlich produktionstechnischem Glanz zu polieren – was gerade in der Eingangsphase für latente Identitätsverwirrungen sorgt.
Der sich betulich lange Zeit nehmende, um aus seinem Traumschlaf mit Chören und Streichern zu erwachende Opener You’re Not Home platzt etwa letztendlich als gefühlvolle Snow Patrol Nummer auf (auch wenn Snow Patrol aktuell ja minimalistischer vorzugehen versuchen), nimmt die typisch große Stadiongeste, die man bei den Pathos-Könnern Keane immer noch finden kann adäquat vorweg.
Wie sehr Sänger Tom Chaplin in weiterer Folge jedoch mittlerweile phasenweise nach Brandon Flowers klingt, überrascht dann doch. Passend, dass das stacksend-schillernde, etwas billig ermüdende Love Too Much oder der rhythmisch motivierte Synthrocker The Way I Feel wie direkt aus der Killers-Kostümgarderobe implementiert wirken. Auch das sympathisch tänzelnde, optimistisch machende Stupid Things und die gutmütig zu Streichern und galliger Überproduktion marschierende Parade Phases ihren Pop-Gesten derart ausstaffieren.
Das steht Keane einerseits durchaus. Andererseits wird das ganze Auftreten der Band durch diese Hinwendung zu einer austauschbareren Inszenierung in Verbindung mit den grundlegend generischen Songstrukturen ein gutes Stück weit belangloser, als es eigentlich sein müsste.
Denn auch wenn der Band keine solch unsterblichen Melodien und Instant-Hits wie noch auf dem himmelstürmenden Debüt Hopes and Fears oder dem gerne unter wert verkauften Nachfolger Under the Iron Sea gelingen, generell wenig zwingendes hängen bleibt und Cause and Effect eher als angenehme Pop-Nebensächlichkeit funktioniert, heben Keane die Qualitätskurve nach den vergessenswerten Perfect Symmetry und Strangeland doch wieder merklich an. Das unaufgeregte I’m Not Leaving zeigt etwa die niemals aus der Mode kommenden Stärken einer behänden Popband, der sentimentale kleine Melancholiker Thread wächst sparsam inszenierter in den blühenden Abspann einer liebevollen Hollywood-Romanze und ist damit sogar noch besser. Über allem steht jedoch das Herzstück Strange Room, eine unspektakulär schöne Miniatur am Piano (hier das tragende Element, nicht nur ein Gimmick), die wie eine winterlich-ätherische Anmut aus der Zeit gefallen scheint.
Diese gelungenen Momente tragen auch trotz einiger leerer Meter die weniger überzeugenden: Das kontemplativ verträumt in Zeitlupe groovende Put the Radio On will an die Magie alter Tage erinnern, vertändelt sich aber ein bisschen zu tranig und schmalzig in einem harmlosen Fernsehgarten-Weichspüler, bevor der leider zu sehr zur Beliebigkeit tendierende Schlußpart um das gute, sein Potential jedoch verplätschernde Chase the Night Away sowie des okayen, aber nicht so emotional ergreifenden, wie wohl gedacht funktionierenden Gospel-Closers I Need Your Love den Wert dieses über den (tatsächlich ziemlich überschaubaren) Erwartungen zufriedenstellenden Comebacks unglücklich, aber nicht gravierend schmälern. (Notfalls einfach die gelungenen, aber verschwendeten Bonustracks ins Auge fassen!)
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