Kavinsky – Reborn
Neun Jahre nach seinem Debütalbum Outrun (und auch schon zwölf nach dem unsterblichen One-Über-Hit-Wonder-Nightcall) ringt sich Vincent Pierre Claude Belorgey alias Kavinsky mit Reborn doch noch ein zweites Album ab.
Eine schwere (Wieder)Geburt, der man schon zu Gute halten kann, dass sie sich keineswegs so verkrampft oder bemüht anhört oder -fühlt, wie sie es in Anbetracht des enervierend in die Länge gezogenen Zeugungsprozess wohl müsste. Im Umkehrschluss ist es aber auch ernüchternd, wie relativ langweilig, risikofrei sowie oft ambitions- und schlimmstenfalls auch gelegentlich seelenlos Reborn nun plätschert.
Seit wir Kavinsky das letzte Mal sahen, haben die 80er jedenfalls gefühlt mindestens zwei weitere Revivals hinter sich, während die Zeit für den Franzosen nur insofern nicht stehen geblieben ist, als dass er seinen generell milder, unspektakulärer und gedrosselter agierenden Synthwave mit Produzent Gaspard Augé über die Justice-Blaupausen hinausgeht, um dort mitzunaschen, wo seine alte Bekanntschaft The Weeknd den polierten Retro-Sound inzwischen für den Mainstream-Pop konsentauglich machte: gerade (das mit Cautious Clay, Vocoder und einem feinen, funky Bass ausgesetzte) Renegade und Cameo (mit Karen Lomax) sind diesbezügliche mahnende Methadon-Imitate, denen jeder Esprit abgeht – aber eben auch wirklich hängen bleibende Hooks oder Melodien.
Vigilante könnte auf der Basis einer vagen Chromatics-Idee eine scheiternde Chart-Bagatelle darstellen (die als einer von drei Songs Morgan Phalen aus der Versenkung holt), bevor Zombie mit seinen penetranten „Uh-Ah“s den Vorschlaghammer auspackt, um ein bisschen Erinnerungswürdigkeit zu kreieren. Das nimmt im Refrain auch tatsächlich etwas euphorischer mit, mäandert abseits des seine Strahlkraft schnell verblasen lassenden Parts jedoch abermals gewohnt farblos.
Reborn bietet eben Oberfläche, aber wenig Substanz; definiert sich durch seine verinnerlichte Ästhetik und Atmosphäre, wiegt diese Tugenden aber nicht mit dem nötigen Gewicht im Songwriting auf. Kompositionell sind die zwölf Songs einfach kaum aufregend, es fehlt die Prägnanz, das pointierte Momentum.
Das typische Pulsar gibt im Schatten von John Carpenter den Weg fort, den der Baukasten Outsider beenden wird. Dazwischen findet das getragene Reborn (mit Romuald an den austauschbaren Vocals) flimmernd und stampfend eine elegische Aufbruchstimmung, die nirgendwohin führt. Trigger schmückt sich mit Streicher- und Disco-Elementen, tut damit dem Kontext und Fluss der Platte gut, entwickelt jedoch weder Spannungen noch Ziele, überlässt seine Arrangements dem Standard und dreht sich im Kreis. Plasma ist kraftvoll gemeint, pendelt mit Phalen allerdings in die Egalität, während sich Zenith ambivalent gibt: Einerseits bestechen die lethargischen Androiden-Vocals von Prudence, die stimmungsvoll zur flüchtigen Wehmut der Nummer passen, andererseits agiert Phalen einmal mehr zu banal – da hilft auch das obligatorische Szene-Saxofon nichts.
Am besten ist das generische Reborn paradoxerweise nämlich exakt und ausgerechnet dann, wenn Kavinsky seine Absichten ganz von halbgaren, griffig gemeinten Impulsen löst und sich dem unaufgeregten Ambiente hingibt, weg vom Pop und den Charts. Wenn Horizon im Sinnieren der Melancholie badet etwa, aber mehr noch im betörenden, zeitlosen Goodbye, das unter der Schirmherrschaft von Sébastien Tellier an der ätherischen Nostalgie von In the Air Tonight genährt von einer nicht greifbaren Sehnsucht träumt, die das niemals wirklich schlechte Reborn sonst nur als Pastiche aufwärmt.
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