Kauan – Ice Fleet
Als Konstante in einem stagnierenden Genre lassen sich Kauan natürlich auch in einem starken Postrock-Jahrgang nicht lumpen: Ice Fleet überzeugt bereits musikalisch ansatzlos, kommt aber sogar im Paket mit einem Tabletop-Game.
Keine Ahnung, wie es um die Qualitäten dieses Rollenspiels steht. Orientiert es sich diesbezüglich jedoch an den Vorzügen der Kernkompetenz der mittlerweile offenbar in Tallinn stationierten Band, kann man mit blindem Vertrauen zugreifen – Kauan selbst adeln sich selbst vier Jahre nach Kaiho schließlich einmal mehr als Bank in der Szene.
Wie schon zuletzt verortet Mastermind Anton Belov seine Klangwelten auch näher am Post Rock als am Post Metal, kultiviert aber vor allem die Gefilde weiter, in denen sich seine Kombo seit gut einem Jahrzehnt wohl fühlt. Einer an sich absolut konventionell gearteten Komfortzone, die einen imaginativen Sog des absoluten Könnens entwickelt. Bildgewaltig schweift das Unterbewusstsein durch stimmungsvolle Welten, atmosphärisch dunkel, aber die Ahnung einer epischen Hoffnung hinter dem Horizont vermutend. Da ist eine überraschungsarme Schönheit, von der so natürlichen, unberührten Anmut und organischen-instinktiven Kompetenz erschaffen, ein ökonomisches Schaulaufen. Simple Melodien holen ab und lassen die Melancholie weit schweifen, erzeugen so weitläufige Sehnsüchte in einem tollen Fluss und einer fesselnden Gesamtdynamik (die letzten Minuten der Songs wirken gar oft wie einzig für den sanften Übergang zwischen den Nummern installierte Segmente).
Kauan machen also genau genommen ästhetisch und inhaltlich wenig, um sich Vorwürfen zu entziehen, nur nach üblichen Genre-Mustern zu spielen – sie tun es nur immer noch und immer wieder besser als ein Gros der Kollegenschaft, mit einem makellosen Songwriting, schlau gesetzten Akzenten und einer anziehenden Tiefenwirkung.
Enne pflegt nachdenklich perlende Explosions in the Sky-Gitarren über sanften Synthie-Schwaden, ebnet den Weg, damit Taistelu typische, zutiefst konventionelle Zutaten um Reverb-Gitarren und ein schwer getragenes Schlagzeug aufkocht, dabei aber nicht erst beim so unheimlich intim am Klavier sinnierenden Ausklang eine berührende Bildgewaltigkeit erzeugt, die direkt in Maanpako übergeht, irgendwo zwischen Mono und Cult of Luna einem abonnierten Wechselspiel zwischen laut und leise folgend. Das einfach gestrickte Kutsu ist eigentlich eine 08/15-Übung – aber wie soll man sich den elegischen Jessica Curry-artigen, verträumten Gesängen entziehen, die später zu einem folkigen finnischen Schwelgen führen. Raivo wächst luzide in elektronischer dem Ambient zugeneigte Passagen, hebt sich zu majestätischen Gitarren-Gebirgskette auf, das fast schon brutal-doomig zupackende und greinende Black Metal- Fauchen wagt den Spagat zwischen der eigenen Frühphase und Oranssi Pazuzu, obgleich die Anmut sich letztlich für die Einkehr entscheidet.
Ote verbindet folkloristische Synthies mit funkelndem Postrock, der die beiden stimmlichen Elemente aus engelsgleichen Lautmalerei und rezitierendem Vortrag mit vergänglicher Traurigkeit zusammenführt und Hauta schleicht subtil wie ein wenig aufregender Nachhall davon, wenn die Schiffe leise aus dem arktischen Meer entlassen werden – und der Hörer aus dem zwar nicht besten Album der Band, aber einem weiteren sehr guten, unspektakulär befriedigenden.
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