Karen O – Crush Songs
Die Beinahe-Oscar-Preisträgerin entschädigt im Alleingang für die käsigen letzten beiden Yeah Yeah Yeahs-Alben: 15 intim-romantische LoFi-Folk-Songskizzen mit gebrochenem Herzen, die ungefähr dort weitermachen, wo ‚KO at Home‚ ungewollt ans Tageslicht gespült wurde.
Wo ‚It’s Blitz!‚ und ‚Mosquito‚ mit Synthies und allerhand sonstigem unnötigen Effekten verschandelt wurden reduziert Karen Lee Orzolek das Soundgewand für ihr offizielle Solodebüt bis hin zur skelletierten Demo-Schlafzimmeraufnahme, so dass selbst der letztjährige ‚Her‚-Academy Award-Anwärter ‚The Moon Song‚ beinahe überschwänglich glänzend erscheint: eine dünn schimmernde Schrammel-Gitarre inmitten des schäbigen Raumes (gelegentlich auch Imaad Wasif als Aushilfe) und Karen O’s unverwechselbare Stimme vor dem leisen Hintergrundrauschen sind die meiste Zeit alles was es auf ‚Crush Songs‚ zu hören gibt. Gut, in ‚Visits‚ gesellt sich ein holprig klopfender Drumbeat in den Hintergrund, zum todtraurigen Gänsehautgrundgerüst ‚Body‚ („Gonna make you right for yourself /If you love somebody, anybody/There will always be someone else„) galoppiert der Zungenschnalzer und kreischt sogar der Noise verhalten undfür ‚Singalong‚ gesellen sich Dean Fertita und Jack Lawrence als kumpelhafter Backgroundchor ins Nebenzimmer zum Lagerfeuer.
Mehr braucht es aber auch nicht. Beinahe jeder Song beginnt mit einem gehauchten „1-2-3„, zieht sich die spröde aber wärmende Decke danach bis über Ohren und braucht danach nur in Ausnahmefällen über eineinhalb Minuten um über offene Wunden zu streicheln. Alles hier ist auf das wesentliche entschlackt, vertieft sich ganz in die rotweinschwangere Stimmung und tiefmelancholische Atmosphäre. ‚Crush‚ suhlt sich in aller Verletzlichkeit in einem kaum zu heilendem Liebeskummer, findet Trost in ungeschliffenen, herzergreifenden Melodien und ist damit vor allem eine Platte für die dunkelsten Augenblicke einsamer Nachtstunden zwischen vager Hoffnung und leisen Tränen geworden. „Don’t tell me that they’re all the same/’Cause even the sound of his name/ Carries me over their reach/ Back to some golden beach/ Where only he remains“ trauerte die heute 38 Jährige um 2006 noch auf dem Beziehungsfriedhof und fragte sich letztendlich: „Show I can cough I can choke/ On this kind of smoke/ Off went the switch/Love is soft/Love’s a fucking bitch/Do I really need/Another habit like you?„
Vielleicht war es für die Yeah Yeah Yeahs-Frontfrau also auch einfach zu schmerzhaft noch einmal zu den hier versammelten, zumeist betrüblich deprimierenden Demo-Rohdiamanten zurückzukehren, um sie mit einem farbenfroher ausformulierten Klanggewand aufzuhübschen – zumindest liegt dieser Eindruck nach 25 Minuten berührender Unmittelbarkeit und Ungeschöntheit nahe.
Letztendlich nur gut so, denn gerade wegen seiner nackten Inszenierung entfaltet ‚Crush Songs‚ eine unter die Haut gehende Intimität und Strahlkraft, die Karen O mit ihrer Stammband längst verloren hat. Wo ‚Crush Songs‚ also durchaus bewusst viel Potential ungenützt liegen lässt weil es sich damit begnügt über weite Strecken nur lose Ideen aufzulisten liegt gerade in der Unfertigkeit und Nahbarkeit des Homerecording-Charmes auch ein Großteil des Reizes aus; speziell für die herausragenden Kompositionen hätte mehr Ausarbeitung wohl nur unnötigen Ballast bedeutet:
‚Ooo‚ ist ein liebestrunken treibender Schiffbruchschunkler, ‚Rapt‚ oder ‚Native Korean Rock‚ hätten so ähnlich auch auf ‚Show Your Bones‚ ganz wunderbar stattfinden können. Das regelrecht beschwingt hoffnungsvoll scheinende ‚Day Go By‚ wiegt derweil in falscher Sicherheit („Don’t call the doctor, doctor/ God save the doctor, something’s wrong/ Gonna call the doctor, doctor/Just tell him that my pain is gone„), obwohl man längst weiß dass hier alle Hilfe zu spät kommt: „Tearing me apart, I wear it on my heart, I do/ Can’t sleep, I’m wasted, wasted/ Can’t stand still, I’m shaking over you/Time away/ I really need my fix cause you got me so sick/ I know/ That I’m burning for you„.
Dass das knapp 65 sekündige ‚Indian Summer‚ eine Doors-Cover-Version ist muss man nicht ungelesen heraushören, ‚Beast‚ kann dafür durchaus als insgeheime Verneigung vor dem jungen Leonard Cohen gehört werden und in ‚King‚ huldigt Karen O dann ganz direkt dem verstorbenen King of Pop („And with his single sparkling glove/ He blows us kisses, show us love/ Is he walking on the moon?/I hope I don’t find out too soon„). Ein kurzes Lächeln ist in dieser Meditation über das Verlassensein also durchaus drinnen, ein permanent tröstendes In-den-Arm-nehmen sowieso. Womit ‚Crush Songs‚ zwar vor allem dazu dient den Gefühlshaushalt auszumisten und genau genommen keine große Sache ist – in bedrückenden Stunden aber der einzige Trostspender sein kann den es braucht.
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