Kanonenfieber – Der F​ü​silier

von am 29. November 2022 in EP

Kanonenfieber – Der F​ü​silier

Nach der relativ unterwältigenden Yankee Division-Nebenhandlung findet Noise mit Der Füsilier wieder beinahe vollständig in die qualitative Spur, deren hohe Standards Menschenmühle 2021 für Kanonenfieber vorgegeben hat.

Den Bildungsauftrag erfüllt das Ein-Mann-Melodic-Black/Death-Metal-Bataillon  Kanonenfieber schon vorab, die Handlung der knapp zwölf Minuten dieser zweiten EP im Jahr 2022 kommen via Beipackzettel dazu: „The Fusilier tells the story of a German soldier who, after a failed attempt to liberate the occupied town of Przemysl, makes his way home through the icy hell of the Caparten.

Der F​ü​silier I pendelt sich im getragenen Tempo zum Eduard von Böhm-Ermoll-Sprachsample ein, marschiert dann jedoch bald streng zum energischen Blastbeat und duldet nichts anderes als eine wütende Dringlichkeit. Eilig und kraftvoll steht die Performance unter ordentlich Dampf, das Tremolo flirrt zum keifenden Fauchen der Vocals und lässt individuelle Schraffuren der Gitarren zumindest erahnen, ohne deren Charakteristik wirklich effizient herauszuarbeiten.
Spannungen entstehen jedoch auch dadurch, dass die Nummer plötzlich doomig growlend in den gepeinigt stampfenden Doublebass-Modus des Death umschaltet, bevor das Finale sich zur heroisch angedeuteten Geste aufschwingt. Schade zwar, dass der catchy Chorus im Abgang vor dem Fade-out leider viel zu oft repetiert wird (die Tendenz zu einer breitenwirksameren Schlagseite findet also auch diesmal nicht in die ideale Balance) – aber das ist nichtsdestotrotz ein ziemlich mitreißendes Brett von einer Single, die sich wohl zu einem absoluten Fan-Favoriten mausern wird.

Der F​ü​silier II breitet sich dagegen atmosphärischer aus, nimmt sich Zeit und geht in die Tiefe, um giftig schunkelnd zu pressen und fast feierlich zu erblühen. Das mag auf den ersten Blick weniger dominant seine einschüchternden Muskeln spielen lassen, funktioniert allerdings gerade auch als Kontrast zum bisherigen Höllenritt fulminant und gewichtet den kernigen Sound des Projekts mit einer geduldigeren, behäbigeren Gangart. Auch die (im Vergleich zum Debütalbum gefühlt etwas) geordnetere Produktion passt zu dieser flächigen Wucht und dem wiedererstarkten Songwriting.
Weswegen der subjektiv gravierendste Kritikpunkt an dieser EP auch ein latent unfairer ist: Es fehlt diesmal einfach nur am wirklich plättenden, überraschenden Aha-Erlebnis abseits bereits bekannter Tugenden.

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