Kali Uchis – To Feel Alive

Auf To Feel Alive, ihrer ersten EP seit einer halben Dekade, gibt Kali Uchis 2 Jahre nach dem – für die heute Lage der Welt irgendwo ideal betitelten – Erfolgsdebüt Isolation eine vage Demo-Vorstellung davon, wohin ihr zweites Studioalbum wollen könnte.
Ein selbstreferentielles Sinnbild für ihre künstlerische Entwicklung („the isolation era of me eating the por vida era of me’s pussy“) hat die 25 jährige Karly-Marina Loaiza gleich aufs Cover gepackt, auch wenn es dieses beinahe überall nur zensiert zu sehen gibt.
Was insofern durchaus stimmig ist, da auch die versammelten 10 Minuten Musik in ihrer Ästhetik keinesfalls konkreter agieren, sondern eher wie ein verschwommener Teaser für zukünftiges Material wirken. Zwangsläufig – immerhin war Kali Uchis nach der Single Solita bereits auf bestem Wege ihren zweiten Langspieler zu veröffentlichten, bevor die Welt in Isolation und Quarantäne gestellt wurde, die kolumbianisch-amerikanische Sängerin jedoch kurzerhand ein spontanes Intermezzo aus dem Hut zauberte: “I can’t give you my album yet, but i recorded some demos in my room for u.”
To Feel Alive lebt vor allem von seiner unbeschwerten, ungezwungenen Atmosphäre, die erst gar keine Spannungsbögen oder fesselnde Strukturen zeigen will – tatsächlich bleibt abseits des Ambientes sogar wenig konkretes hängen.
Honey Baby (Spoiled) ist ein verträumtes, leicht psychedelisch angehauchten Schlaflied mit Herzen in den R&B-Augen, absolut niedlich und bescheiden, großartig zurückhaltend intoniert. Das entspannte Angel verbindet sommerlichen Neo-Soul mit einem modernem Downtempo-Rhythmus, geschmeidig und leicht. I Want War (But I Need Peace) plätschert auf der Yacht, die Hip Hop-Wurzeln scheinen subversiv im elegisch-tropikal vom Klavier gespeisten Groove durch, für den sich andere wohl einen Vocoder-Trap-Gaststar einladen würden, bevor das Titelstück wie das minimalistische Fragment eines Ohrwurmes vorsichtig schleichend entschlackt auftritt.
All das ist angenehmer, aber substanziell doch relativ unspektakulärer Wohlklang, dem die Konturen fehlen, um tatsächlich zu packen, dessen skizzenhafte Unfertigkeit man stets spürt. Doch gerade in dieser unverbindlichen, losen Stimmung der Nonchalance und Beiläufigkeit liegt auch die unwirkliche Anziehungskraft eines eher unersättlich lassenden, als frustrierenden Kleinodes, das eine potentielle Hit-Tauglichkeit schemenhaft an das Ende der Isolations-Zeit andeutet. Die Nachfolge der 2018er-Isolation kann also gerne bald stattfinden.
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