Julien Baker – Sprained Ankle

by on 14. Dezember 2016 in Album

Julien Baker – Sprained Ankle

Julien Baker musste einem spätestens durch ihren Beitrag auf der famosen Verneigung [amazon_link id=“B01GAAY8K6″ target=“_blank“ ]Say Yes! A Tribute to Elliott Smith[/amazon_link] auffallen. Doch bereits als Touchè Amorè in Skyscraper das Augenmerk auf sie lenkten, hätte klar sein müssen: Die Musikerin aus Tennessee sollte man unbedingt auf dem Radar behalten!

In hiesigen Breitengraden ist das in physischer Form zumindest vorerst noch schwierig. In den Staaten ist das Debütalbum von Baker  – (ehemals?) Mitglied der Indieband The Star Killers aka Forrister – im Eigenvertrieb via Bandcamp bereits 2015 erschienen. Nachdem die auf Konzerten verkaufte CD mit gehöriger Mundpropaganda im Rücken allerdings auch abseits davon langsam Aufmerksamkeit zu erregen begann, griff 6131 Records noch im selben jahr zu – während ein europäischer Vertrieb für die minimalistisch-bezaubernden Kleinode der Julien Baker eben noch aussteht.
Und zugegeben: Obwohl sich die neun Songs wie traumwandelnd verblassende Erinnerungen anfühlen und dabei dennoch mit einer Klarheit funkeln, die entwaffnend ist – man kann Sprained Ankle aufgrund seiner so fragil und zerbrechlich aufbereiteten, richtiggehend zauberhaften Unaufdringlichkeit tatsächlich nur zu leicht übersehen.

Dabei braucht die 21 Jährige einfach keine großen Gesten, um eine immense Wirkung zu entfalten und unmittelbar in ihren Bann zu ziehen. Nahezu jeder Song hier fußt schließlich alleine auf Baker’s Gitarre und ihrer zwischen Kolleginnen wie Tegan und/oder Sara (schwer zu sagen, wenn man die beiden nicht auseinanderhalten kann) und Torres leidenden, kämpferischen Stimme – vor allem aber der alleine damit erzeugten faszinierend intensiven Atmosphäre: Tiefgründig und intim, zutiefst melancholisch und tröstend.
Von der minimalistisch gehaltenen Singer-Songwriter/Folk-Schönheit Blacktop weg ist das also mehr als alles andere grandiose Stimmungsmusik, die entlang solch tröstender Elegien wie dem überwältigenden Titelsong (sanftes Gitarrengeplänkel, eine herzerweichende Melodie, gespenstischen Harmonien und poetische Streicheleinheiten bereiten hier pure Gänsehaut) mit einigen kompositorischen Seelenstreichlern von bezaubernder, getragener Traurigkeit aufwartet. Das erst ambientartig verschwommene Something schwillt etwa beschwörend an,  in das andächtige Brittle Boned schleichen sich ausnahmsweise zärtliche Drums, die Baker mit spartanischem Mitteln auf die große Bühne tragen.

Dass das aufwühlende Rejoice ein klein wenig dem Irrtum aufsitzt, dass lautere Intonation immer auch emotionalere Wucht bedeuten muss, schmälert den Gesamteindruck von Sprained Ankle im Gesamten angesichts der dadurch doch ein wenig anziehenden Spannungskurve und Dynamik kaum. Auch, weil das ansonsten in sich ruhende Debüt schlicht überragend entlässt – die abschließende Klavierballade Go Home umgibt eine geradezu zeitlose Klasse, ein unwirklicher Zauber, der auch Verbindungen zu den postrockig sozialisierten Ausschweifungen von Emma Ruth Rundle aufzeigt.
Zudem ist der Schlusspunkt ein Paradebeispiel dafür, dass Baker trotz des ansonsten überschaubaren Instrumentariums und der inszenatorisch stets ähnlichen Gangart, in den neun Nummern doch immer wieder subtile Ideen für Variationen einflicht, um in keine zu eklatante Gleichförmigkeit oder Eintönigkeit zu verfallen – auch wenn am Ende vorerst doch eine so dezente wie glückselige Erschöpfung zu verspüren ist. Gerade Songs wie das sphärisch perlende Vessels als überwältigenden Gefühlsmeer führen allerdings vor, dass es für die Zukunft trotzdem nicht zwangsläufig notwendig sein muss, dass Baker ihre Kompositionen deswegen mit herkömmlichen Bandequipment zustellt.
Dass Sprained Ankle mit knappen 34 Minuten Spielzeit zudem angenehm kompakt gehalten ist, spielt der fesselnden Anmut trotzdem nur in die Karten. Und rundet zudem einen vielversprechenden Rohdiamanten kurzweilig ab, der definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hätte – abseits der Verneigung von Brand New-Frontmann Jesse Lacey.

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