Julien Baker – B​-​Sides

von am 22. Juli 2022 in EP

Julien Baker – B​-​Sides

Little Oblivions war im vergangenen Jahr ein durchaus nettes, in Sachen gefälligem Songwriting und breitenansprechenderer Produktion aber unscheinbar hinter den Erwartungen zurückbleibendes Drittwerk von Julien Baker. Braucht es deswegen unbedingt die entsprechenden B-Sides der Platte?

Ja! Dafür sorgt alleine das formidable Guthrie, das als Bonus Track der japanischen Version von Little Oblivions offenkundig verschwendet war, nun aber als Single das verdiente Rampenlicht bekommt – und gerade dadurch besticht, dass die angestammte Intimität der Musik hier nicht im schüchternen Stadion-Ambiente für besonders emotional erdachte Hollywood-Szenen poliert wird, sondern Baker gefühlt zu den spartanischen Wurzeln von Sprained Ankle findet: Die Wärme, die alleine die Acoustic-Gitarre verströmt, ist unmittelbar einnehmend, die melancholisch ergreifende Nahbarkeit der Stimme wühlt in ihrer ruhigen Andacht auf, verzaubert bittersüß – als würde eine minimalistische Skizze von Manchester Orchestra sich im Country schraffiert vor dem Singer Songwriter-Folk verneigen.

Vanishing Point ist dagegen näher bei Little Oblivions und wirkt auch tatsächlich wie Ausschussware des Albums: Mit einer typisierten Aufbruchstimmung unter dem Sternenmeer samt ätherischen Synthies und zurückhaltend treibenden Drums lässt sich Baker zu einem insgeheim opulenten Indie Rock verformen. Die Gesangsmelodie klingt halt wie schon hundertmal von ihr gehört, das Songwriting an sich ist belangloser und auch die Inszenierung bemüht wieder diesen austauschbar cinematographischen Weichzeichner für Teenie-Romanzen.
Mental Math setzt diese Ambitionen abschließend näher an den eigenen Stärken um, geht also wieder einen Schritt zurück, ist gefühlvoller und vorsichtiger, als verträumt-tröstender Roadtrip im weichen Sonnenschein aus der Traurigkeit. Was einen wirklich tollen Rahmen für diese (wenngleich nicht essentiellen, dann doch das Fanherz bereichernden) B-Sides bildet, die man gerne als Fußnote einer mittlerweile ambivalenten Diskografie mitnimmt.

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