Julia Holter – Never Rarely Sometimes Always
Kammermusikalischer Ambient oder avantgardistische Klassik: Nach der TV-Serie Pure und dem Boxer-Movie Bleed for This untermalt Julia Holter das Indie-Drama Never Rarely Sometimes Always.
Was auf sich alleine gestellt nur bedingt funktioniert: Ohne die dazugehörigen Bilder des Films sind die 37 Minuten von Holters Score verdammt flüchtig geraten, die 13 Tracks bleiben eher ästhetisch hängen, als dass sie über konkrete Motive oder Themen nachwirken würden.
Schon der Einstieg wärmt sich orchestral glimmernd als zarter Morgentau auf, als würde ein sanfter Drone leisen Sonnenschein versprechen, oder der Orchestergraben ohne klare Ziele oder Vorstellungen niemals griffig konturlos erwachen. Stücke wie Where is the Money wirken deswegen wie Ahnungen eines choral wogenden Wellengangs, wie lose treibende Visionen von Texturenund Arrangements , die Holter auf Alben wie Have You In My Wilderness (2015) oder Aviary (2018) deutlich kohärenter ausformuliert aus dem Inkubator gezaubert hat.
Über den Hintergrund funktionieren diese Stücke auf subversive Weise aber nicht nur sehr zweckdienlich, sondern entfalten leise, unaufdringlich und durchaus hoffnungsvoll eine körperlosen doch eine begleitende Präsenz.
Vor allem entlang einiger aus der zwanglosen Begleitung herausragender Szenen rund um eine starke Schlußphase entwickelt Never Rarely Sometimes Always dann zudem ohnedies noch einen vagen Zauber. Stealing Money (Extended) hat als melancholische Klavierlandschaft viel Wärme und Einsamkeit, auch eine tröstende Traurigkeit von ätherischer Imagination zu bieten, bevor sich die sphärische Melodramatik beinage stellar hochschraubt. Never Rarely (Album Version) hat ein bisschen was von Jon Brion und Synecdoche, New York in einer greifbaren Unwirklichkeit und Subway Rides (Extended) skizziert Oboen und andere Blasinstrumente zu einer Collage.
Das Finale aus Finding Her, Bus Ride Home und Song For Autumn (Album Version) adelt Holter dann sogar noch mit ihrer Stimme, die sie jedoch als zusätzlichen ambientes Instrument einsetzt, Melodien also weiterhin sucht, anstatt sie zu finden, und damit den strukturoffenen, optimistischen Kleinoden unverbindliche Facetten hinzufügt. Selbst mit (wertungstechnisch aufgesetzter) Fanbrille ist Never Rarely Sometimes Always deswegen eine Fußnote, die eine faszinierende Diskografie unscheinbar, jedoch nicht unbedingt essentiell erweitert.
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