Joseph Huber – Moondog
Joseph Huber aus Milwaukee, Wisconsin richtet seinen im Bluesgrass, Country und Appalachian Folk sozialisierten Americana mit dem überlangen Moondog zur imposanten Dominanzgeste auf.
Dass das ehemalige .357 String Band-Mitglied auch nach vier bärenstarken Soloalben und trotz einer ungebrochenen Arbeitsmoral weiterhin nicht wirklich am Radar der Country-Allgemeinheit auftaucht, wird von Huber selbst also als Möglichkeit zur Vertiefung seiner Stärken interpretiert: Moondog biedert sich nicht an, sondern geht weiter in seiner Nebenrolle als Nischenhighlight auf, verdichtet den verinnerlichten MO über reichhaltiger inszenierte und arrangierte – und freilich immer noch praktisch allesamt von Huber selbst gespielte – Instrumente und ist damit reichhaltiger, detaillierter texturiert und auch quantitativ umfassender als alle Vorgängerplatten.
Moondog darf damit durchaus als Fleißaufgabe für Experten verstanden wissen, weniger als Gateway-Album für Neueinsteiger. So oder so ist das Werk mit 74 Minuten aber ohnedies viel zu lange geraten, um den Spannungsbogen zu jedem Zeitpunkt fesselnd zu halten. Und das, obwohl kein Ausfall oder auch nur ansatzweise schwacher Song sich im Gefüge finden.
Mehr noch: Gerade hinten raus läuft Moondog zur Überform auf. Das besonders nachdenklich, persönlich und intim geratene Where You Said You Would Be ist ebenso ein Karrierehighlight für Huber wie das knapp zehnminütige The Wild Swans At Coole als in den Folk-Annalen vergessene Perle, die sich zum progressiven Husarenritt unberechenbar ausgewachsen, oder das entschleunigte Pale, Lonesome Rider das sich gar als Konsens für den War on Drugs-Konsumenten anbietet.
Überhaupt zieht Huber sein Ding wieder eigenwillig genug durch, um über die stereotypen Referenzen der Szene hinauszugehen. Nicht nur das ohne Hast eine freiheitsliebende Aufbruchstimmung andeutende I Wonder Where You Go ist eine Option für jene, denen die aktuelle Springteen-Nostalgie zu kitschig geraten ist, während A Northern Waltz ein alter Schatz der Decemberists sein könnte und Geronimo! sich Dylan nähert.
In all dieser Facetten bleibt Moondog im Sound und Songwriting in sich geschlossen, variiert nur in Nuancen mit soviel Klasse, dass keine Gleichförmigkeit auftritt. Wie eine melancholische, vertraut fühlende und sehnsüchtig machende Zeitkapsel breitet Huber seine Künste aus, installiert gleich mit den munteren Banjo-Schaulaufen des Titelsongs die relativ geschwindigkeitsorientierte Ausrichtung der Platte, die wie in After You stets etwas anachronistisch-optimistsches hat, ohne direkt oder offensichtlich zu werden. Doch die eigentlichen Schmakerl finden sich ohnedies immer, wenn Moondog das Tempo drosselt und wie für Rivers of Smoke in sich geht oder bei Another Man’s Shoes reduzierter und minimalistischer unter die Haut getragen wird.
Dass man derartig aus dem sehr starken Kontext nocheinmal herausragende Nummern in der überwältigenden Masse beinahe nicht genug wertschätzen kann, und Moondog eher selektiv aufgesplittet am vorzüglichsten konsumierbar ist, ist dann auch der gravierendste Grund, weswegen ein strafferer Fokus der Platte so gut getan hätte. Als Wachstumsschmerzen nimmt man diese kreative Wohlstandsverwahrlosung dann aber irgendwo gerne hin.
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