Johnny Cash – Out Among the Stars
Ein unveröffentlichtes Album aus der gemeinhin schwächsten Phase des Man in Black, knappe 10 Jahre nach dem Tod des Man in Black ausgegraben. Skepsis durfte da die Vorfreude durchaus überschatten – ‚Out Among the Stars‚ nun umso überraschender mit seinen Qualitäten aufzeigen kann.
Wie gut ist sie also, diese Platte der mittlerweile im allgemeinen Wohlwollen attestiert wird nicht so schwach wie erwartet oder besser als beinahe alles das Cash in den 80er gemacht hat? Beide dieser gefühltermaßen rund um das Release am öftesten getroffene Fazite treffen in gewissen Maße zu, wie sie ‚Out Among the Stars‚ knappe 30 Jahre nach den Aufnahmen aber auch nicht ganz ohne Verklärung im Schaffen des größten Countrysängers aller Zeiten positionieren und gleichzeitig auch die überraschenden Höhen relativieren, in die sich die versammelten 37 Minuten stellenweise aufzuschwingen schaffen.
‚Out Among the Stars‚ krankt nun natürlich an den selben Dingen, denen Cash-Platten aus den letzten Tagen bei Columbia Records ihren Ruf verdanken. Das berührend gemeinte ‚After All‚ vertändelt sein Potential etwa in einem schnulzigen Schilf, das unangenehm überdrehte ‚If I Told You Who it Was‚ schäkert als Strolch mit Herzchen in den Augen an der Grenze zur Parodie („Her tire, unlike her body, was very flat„), das poppige ‚Tennessee‚ wird mit seinem sich zu wichtig nehmenden Kinderchorfinale zum Sinnbild für einen anachronistische Genredurchschnitt, der Cash seinerzeit in die Masse eines Middle of the Road Country drängte.
Auch der grundsätzlich gelungene Ohrwurm-Titelsong von Adam Mitchell eröffnet zwar in bester Badass-Manier („It’s midnight at a liquor store in Texas/ Closing time another day is done/ When a boy walked in the door and points a pistol/He can’t find a job, but Lord, he’s found a gun!„) bekommt durch die allzu verbindliche Fernsehgarten-Produktion aber seine Zähne gezogen und schunkelt allzu gutmütig Richtung Nashville der 80er. Dennoch schafft es ‚Out Among the Stars‚ über weite Strecken weder angestaubt noch zu sehr von seinem Enstehungsjahrzehnt gezeichnet zu sein, rechtfertigt seine Existent neben einer durchgehend unaufdringlichen Hörbarkeit vor allem mit einigen Schätzen, die das Album auf den Stand heben neben ‚The Baron‚, ‚Boom Chicka Boom‚ und ‚Johnny Cash Is Coming to Town‚ tatsächlich die stärkste Platte von Cash zwischen dem Ende der 1970er und dem Auftauchen von Rick Rubin zu sein.
‚Out Among the Stars‚ lässt mit dem Schlusspunkt ‚I Came to Believe‚ sogar den direkten Vergleich zur American Phase zu: erst Rubin verstand Cash, das Gespann mit ‚The Baron‚-Produzent Billy Sherrill harmoniert aber besser als es jenes Jack Clement phasenweise tat, weil Sherrill eben seltener dazu neigt die Kompositionen mit allzu gönnerhaften Arrangements zu überfrachten. Er bekommt allerdings auch eine gewisse Grundträgheit nicht aus den Songs – der Balanceakt gelingt Sherrill gemütlich und deutlich trittsicherer als etwa Brian Ahern auf dem schlicht unangenehm beiläufigen ‚Johnny 99‚. Dass das einzig bisher unbekannte Cash Original ‚Call Your Mother‚ in diesem Kontext kaum bleibenden Eindruck hinterlässt lässt sich dann eben auch verschmerzen.
Die beiden Duette mit June beispielsweise sind nett verspielt und mit cheesy Texten (‚Baby Ride Easy‚) oder elegant zurückgenommene Kleinode (‚Don’t You Think Your Time Will Come‚), die Zusammenarbeit mit Waylon Jennings nimmt mit ziemlicher Coolness gleichermaßen The Highwaymen vorweg, wie es den Faden von ‚Rockabilly Blues‚ aufgreift. Am herausragendsten bleibt neben souveränen Standards wie ‚Rock and Roll Shoes‚ oder dem vitalen Gospel-Bariton ‚I Drove Her Out of my Mind‚ dennoch die vorweggeschickte Single ‚She Used to Love Me a Lot‚, in all ihrer melancholischen Nostalgie.
‚Out Among the Stars‚ ist letztendlich kein bestechendes Highlight der Discographie Cash’s, aber ein durchwegs gutes Album mit essentiellem Beigeschmack: dass die Nichtveröffentlichung der Songs weniger mit deren Qualität als mit der Abwehrhaltung von Columbia gegenüber dem in Ungnade gefallenen Cash zu tun haben musste macht diese posthume Veröffentlichung auch zu einem Werk, dass das Image einer wenig glorreichen Epoche in einer beispiellosen Karriere ein klein wenig aufwerten kann. Wie auch die immer wieder gelungene Bootleg-Serie (vgl. Vol. III oder IV) aufzeigt liegt im Nachlass des Man in Black offenbar tatsächlich mehr hochwertig Ausrangiertes als bei anderen Legenden. Findet John Carter Cash beim Aufräumen noch mehr unveröffentlichtes Material, soviel kann man jetzt schon sagen, wird bei einer etwaigen weiteren Ankündigung von wiederentdeckten Songs die Vorfreude jegliche Skepsis bereits deutlich in den Schatten stellen.
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