Johnny Booth – Moments Elsewhere

by on 18. August 2023 in Album, Heavy Rotation

Johnny Booth – Moments Elsewhere

Johnny Booth gelingt mit ihrem dritten Album Moments Elsewhere ein Metalcore-Konsens, der bei der Fan-Schnittmenge aus Frontierer, Every Time I Die und Grayheaven für feuchte Höschen sorgen sollte.

Reden wir nicht lange um den heissen Brei herum: Moments Elsewhere ist hinter seinem 00er-Nostalgie-Cover-in-AI-Hochglanz und dem fast besinnungslos dicht machenden, extrem komprimierten Produktions-Mix (von Ray Marte and Anthony Lopardo) das eigentlich beste, was dem Genre seit langem passiert ist – und gerade der Einstieg samt dem folgenden ersten Album-Drittel gelingt furios überragend.
In 2040 zwingen Johnny Booth ein potentielles Nu Metal-Riff samt hämmernder Glitches so packend in den mathy Metalcore, dass die chuggy übersteuernde Abrissbirne mit flirrenden Fahnen unmittelbar packt und das mit rasendem Tempo galoppierende Collapse in the Key of Fireworks trotzdem noch direkter zündet, bis die Band ein Roots in der Metal-Disco tänzeln lassendes Rhythmus-Intermezzo einstreut, das in den Downbeat-Stoizismus führt und jeden Pit zusammenreißen wird. Hier optimiert eine Band gleich auf den ersten Metern ihren bisherigen Weg am Limit.

Das Intro von Full Tilt presst aus der abgedämpften Club-Atmosphäre aber wieder vertrackter aufs Gaspedal tretend so direkt, dass all die Kraft und Energie der Performance fast die gefinkelte Natur des Songwritings und technische Detailverliebtheit aus dem Sichtfeld knüppelt, die Catchiness den Clusterfuck nur provoziert, weil die New Yorker immer dann, wenn die Harmoniesucht vielleicht eine Spur zu kitschig zu werden droht, den Schraubstock im Fleischwolf höher drehen – und dann eben einen Song wie The Ladder nachlegen, der quasi Vein‚eske Slipknot in den Glassjaw-Modus drückt, und kaschiert, dass der pathetische Fleshwater-Gedächtnis-Refrain es sich strukturell vielleicht eine Spur zu aufdringlich einfach macht. Allerdings passen die eingeladenen Bläser dank ihres subtilen Einsatzes aber ideal und sowieso passt das Ungleichgewicht zwischen klar dominierender Brutalität und sparsam bleibender melodischer Klarheit.

Dieses wird nämlich erst in der zweiten Hälfte von Moments Elsewhere zu Szenen, die gefällig in die einfach zu konsumierende Aufdringlichkeit kippen: vor allem, wenn Gatekeeper eine cleane Mitsing-Brechstange am Ohrwurm viel zu oft als Chorus einsetzt, und Bright Future seine poppige Natur fast schon cheesy feierlich am 08/15-Material auslebt – da können das panische Ring Light Altar, ein unfassbar dringliches No Comply sowie der heavy Schlusspunkt Modern Dialogue drumherum noch so aggressiv alles aus der Duracell-Vorratspackung herausholen.
Dieses Mehr an Massenkompatibilität, die größer ist, als es die Basis von Connections und Firsthand Accounts zugelassen haben, wollen noch nicht einmal im kontrastierenden Kontext der Platte selbst Maß haltend verstanden wissen und schießen leider über das Ziel hinaus.

Dabei beweist doch gerade der Mittelteil von Moments Elsewhere wie es ginge. Nachdem The Mirror wie ein frühlingshaftes Field Recordings-Interlude als Easy Listening Trip Hop-Traum, der für eine locker-leichte Entspannung an androgyne Portugal. The Man denken lässt, Raum zum durchatmen bietet, biegt die Bridge von Only by Name (ist das nun Nu Metalcore oder Alternative Math-Metal?) noch nur vage zum smoothen Alternative Rock ab, nimmt damit aber die hymnische Ausrichtung des Pathos-einkehrenden Why Becomes How vorweg, in dem Johnny Booth ihren angestammten Sound eine Mischung aus My Chemical Romance und Sleep Token assimilieren lassen – die dramatische Geste jedoch natürlich im Fluss passierend, zudem zielführend hinsichtlich der Dynamik der Album-Intensität angelegt.
Wäre weniger insofern manchmal mehr gewesen? Ja. So oder so ändert es aber nichts an der eigentlich unvermeidlichen Tatsache, dass Andrew Herman, Ryan Strong, Adam Halpern, Nick Martell und Scott Owens hiermit endgültig in der ersten Liga angekommen sind – der Hype kann beginnen!

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